
28.3.2024 Um es gleich vorweg zu nehmen: Ja, ich bin noch immer in Gallipoli. 😊
Ich bleibe mindestens bis nach Ostern, denn an den Festtagen soll sich Gerüchten zufolge der momentan beinahe leere Platz schlagartig füllen, und es wird empfohlen, dannzumal keinen Platz suchen zu müssen. Wir werden ja sehen..
Also los: 😊 von Menschen, Tieren und Dingen


Pasticciotti. Himmlische Pasticciotti !
Es wird schon langsam Zeit, an meine Abreise zu denken, denn ich habe festgestellt, dass ich nach ein paar Dutzend Spaziergängen am immer gleichen Strand oder durch immer dasselbe Waldstück keine grosse Lust mehr habe auf weitere Spaziergänge dort, und dass ich stattdessen gerne süsse Pasticciotti esse in der Sonne – und damit sachte, aber stetig zunehme..
Diese ‘Gegend-Ermüdung’ tritt unweigerlich auf nach einiger Zeit am gleichen Ort, und sie verheisst nichts Gutes für ein neuerliches Sesshaft-Werden. Das hat man dann davon. 😊

Im Übrigen geht es mir aber richtig gut. Es ist einfach schön hier: das Städtchen, das Meer, das viele Grün auf unserem Platz. Und natürlich bin ich vielen Menschen begegnet und habe unser jeweils gemeinsames Wegstück sehr genossen. Jedenfalls meistens.. 😊 Mit einigen werde ich bestimmt auch in Zukunft Kontakt haben; die Erinnerung an andere ist bei deren Abreise zerflossen wie die Gischt im Sand.

Dass ich mit meinem e-Bike den Unternehmungskreis problemlos erweitern kann, fällt mir immer mal wieder ein, und gestern habe ich nach einer längeren Tour in und um Gallipoli herum festgestellt, dass es auch dann schön sein kann, wenn man sich etwas auskennt. Schon weil man den Heimweg problemlos wieder findet. Ausserdem informierte mich der Barman in ‘meiner’ Bar schon beim Eintreten, dass er noch ein letztes ungefülltes Cornetto hätte zu meinem Cappuccino..

Der Frühling ist da, und überall öffnen nach und nach die Strand-Bars und Restaurants, von denen ich einige zu gerne noch testen möchte.
Wie dieses hier ganz nah über dem Wasser und mit Sicht auf Gallipoli im Hintergrund.


Der Kärntner Gernot kocht meisterlich ! Koch war er nämlich schon vor seiner kürzlichen Pensionierung.
Hach, was habe ich gut gegessen im Ristorante Hymer!
Gernots Frau Gabi wiederum hat in einem Buchladen gearbeitet. Sie war es auch, die mir das Buch ‘Terra di Sicilia, Die Rückkehr des Patriarchen’ geschenkt hat bei der Abreise. Geschrieben hat es (in deutsch) der in München geborene Mario Giordano, der inzwischen in Berlin lebt. Die Geschichte ist interessant; ich war aber besonders angetan von gewissen Formulierungen.

Dinner for One mit Buch, Teddybär und Wein
Ein Beispiel aus ‘Terra di Sicilia’: In Taormina auf Sizilien macht anfangs des 20. Jahrhundert ein deutscher Baron gerne Fotos von nackten Jungs, die sich als kleine Pans – samt Flöte – auf einem Fels zu räkeln haben und dafür eine kostbare Lira erhalten pro Sitzung.
Als unser bettelarmer, aber sehr ambitionierter Modelljunge bei einer Sitzung in wütenden Gedanken versinkt über eine vergangene Ungerechtigkeit, ist der Fotograf entzückt über dessen sprühend-glühenden Blick und befiehlt ihm, still zu sitzen und weiter daran zu denken, was immer es sei, und hier kommt’s:
«…Barnaba sitzt still und stochert weiter in seiner Wut, um dem Baron zu gefallen….
Der Fotoapparat interessiert ihn. Nicht so sehr das fotografische Verfahren an sich, sondern der Wert des Apparats in Lire und Freiheit».

Als ihm Jahre später seine Verlobte ihre Liebe schriftlich kündigt:
«Seit dem Brief leidet Barnaba an einem Hinken seiner Seele.»
Eine Weisheit der Alten: «Wer rund geboren ist, stirbt nicht quadratisch.»
Es dauert lange, Althergebrachtes (und sich selbst) zu ändern.
«..Wenn kindliche Götter mutwillig im Gebräu des Schicksals rühren..»
«…Cassata Siciliana, so süss und schamlos wie ein barocker Fiebertraum.»
Ist das nicht alles wunderschön gesagt ?

Und ganz zum Schluss noch etwas Geschichte von 1896: «Barnaba kennt keinen Vater, dem es eingefallen wäre, dass seine Söhne es einmal besser haben sollen als er. Kinder gelten einzig als Vorsorge fürs Alter. Je mehr, desto besser. Die meisten sterben ohnehin früh. Die, die überleben, werden ihr Leben lang die Eltern versorgen und wiederum Kinder haben, die sie später versorgen.»
Das waren noch Zeiten, und diese Einstellung gab es damals wohl nicht nur in Italien..


Also gut: ich gehe jetzt zur geistigen Ausnüchterung halt doch mal wieder am Strand spazieren (seufz). Immerhin ist es heute beinahe völlig windstill, und die Sonne scheint warm bei 17 Grad.
Rückblick: wenn man’s nicht allzu oft macht, ist das Spazieren am felsigen Meeresstrand ein einziges, grosses Vergnügen 😊

Duftender weisser Ginster, dramatische Baum-Agave, himmelblauer Rosmarin

Ich lese natürlich nicht nur. Zwei Campernachbarn aus Fribourg in einem VW California haben mir einige DVDs geschenkt. Die Horrorfilme kann ich mir nicht ansehen, wenn ich danach noch schlafen will, also ab mit ihnen zur ‘Allerlei-Sammlung’ auf der langen Bank vor den Duschen.
Dort findet so ziemlich alles Abnehmer: von Jacken und Autozeitschriften bis hin zu Plastikbesteck und ausgewaschenen Konfitürengläsern.
Die anderen Filme könnten aber passen als abendliche Unterhaltung, wenn wir alle aus der kühlen Abendluft Richtung Wärme in unsere fahrbaren Wohnhäuschen streben.

Im Hafen von Gallipoli. Das ist eine typische Szene in Italien: ein paar Herren, die gemütlich auf einem Bänkchen sitzen und die Welt vorbeiziehen lassen. Hier sehen sie dem Luxus-Kreuzfahrtschiff ‘Le Bougainville’ der französischen Reederei Ponant beim Anlegen zu. Ich habe gelesen, dass Ponant die einzige französische Kreuzfahrt-Anbieterin ist.

Ein schönes Schiff. Die Bougainville ist 131 Meter lang und 18 Meter breit.
In den 92 Kabinen gibt es Platz für maximal 184 Gäste, die von 118 Crew-Mitgliedern umsorgt werden. Ja, doch, Luxus.

Das ist Hampi, unser Platz-Original und bis vor kurzem ein begeisterter Motorradfahrer. Der Appenzeller ist in einem 40-jährigen Wohnmobil unterwegs, welches innen und aussen mit reihenweise Totenschädeln dekoriert ist. Zu seiner Ausgangs-Kluft gehört ganz selbstverständlich das Rocker-Gilet (siehe oben). Hampi ist sehr gastfreundlich; ich war jedenfalls in wechselnden Besetzungen eingeladen zu Fondue, Risotto, Geschnetzeltem und Voressen von der Holzfeuerstelle.

Mit Neuankömmling Brigitte zu Gast bei Hampi. Sie ist Lastwagen-Chauffeuse (wow!) in Gossau und hatte zu ihrem Bedauern keine Zeit zum Verweilen, da ihre Pensionierung erst im Herbst ansteht. Sie kam vor allem, um herauszufinden, wohin sie nach ihrer grossen ‘Freilassung’ fahren könnte. Ich denke, sie kommt wieder. 😊

Schön hier oben ! Mit Brigitte auf dem Torre dell‘ Alto

Camper-Feste. Links beim Käsefondue. Rechts kam ich allein ins Restaurant mit meinem Buch, aber unverhofft kommt oft. Das hier wurde ein lustiges, rein-schweizerisches Fest. Der Wirt Luigi im Dandy-Outfit freut sich über die zahlreiche Kundschaft.

Carlo und Cati, zwei Überwinterer aus den Piemonteser Bergen. Mein Italienisch ist noch längst nicht über alle Zweifel erhaben; wir hatten es aber dennoch (vielleicht auch ein wenig deshalb) lustig miteinander, und die Pizza im ‘La Giara’ war wie immer fantastisch !

Was wie ein fahrender Trödler aussieht, ist ein innen umgebautes Wohnmobil in Schwierigkeiten auf dem Camping La Masseria nebenan
Die Verstrebungen, die den Umbau zusammenhalten sollten, sind gebrochen, und nun hängt der Boden ein Stück weit durch und die Decke gibt nach. Es bleibt fraglich, ob der Bayer Beppi den Platz je zusammen mit seinem Gefährt wird verlassen können. Er ist aber unverdrossen am Basteln mit Klebebändern und Drähten. Und mit Leim, Spucke und Hoffnung.
Beim Plaudern an der Kaffeebar hat ‘Trödel-Beppi’ doch tatsächlich behauptet, dass Bayern allein grösser sei als die ganze Schweiz.
Ich habe natürlich entrüstet dagegen gehalten – und musste später eingestehen, dass er recht hat: Wir haben gut 40’000 km2, Bayern aber 70’000. Sowas !
Ich habe Beppi bei meinem nächsten Besuch an der Bar eingeladen auf einen Luxus-Cappuccino mit Doppel-Espresso. Fair ist fair.

Am 19. März war Vatertag (wie es sich hierzulande gehört, mischt auch da ein Heiliger mit – hier nämlich Joseph, der Beschützer der Väter), und dazu gibt es traditionellerweise und nur an diesem Tag dieses Brandteiggebäck ‘Zeppola’ mit viel süssem Rahm und Creme gefüllt. Köstlich ! Die Kapkörbchen rechts blühen momentan überall in dichten Teppichen und passen formal wie farblich zu den Zeppole.

Eine norwegische Waldkatze auf Europa-Tournée.
Diese Schönheit geht problemlos an der Leine spazieren. Natürlich nur aus Ertüchtigungsgründen. Die seriösen Geschäfte erledigt sie königlich scharrend in ihrer Streukiste im Wohnmobil. Die Besitzer sollen ja auch etwas vom royalen Geschäft haben.

Ich hatte kurzzeitig diesen dicken Nachbarn, der eigentlich auf eine Wüstenexpedition gehört und nicht auf die Autobahn. Eine tolle Kutsche; man sollte es allerdings nicht allzu eilig haben beim Aussteigen – und nicht angetütelt sein beim Einsteigen..

Beim Ansbacher Walter vor seinem Riesenmobil durfte ich begeistert feststellen, dass die Deutschen inzwischen (auch) richtig gute Weine machen. Lediglich der Aussage ‘trocken’ auf dem Etikett kann man entnehmen, dass ‘trocken’ nicht immer schon die Norm war. Dieser Sylvaner schmeckte jedenfalls vorzüglich!
Ich trinke sonst immer noch am liebsten lokale Weine, hier also Weisse aus Verdeca, Fiano oder Grillo und Rote aus Primitivo, Negroamaro oder Susumanielo, um nur einige zu nennen. Es sind längst nicht alle Weine wirklich gut, und das ist gut so, sonst gäbe es ja nichts mehr zu entdecken.

So eine Überraschung ! Priska und Oski lernte ich 2019 in Finikunda/GR kennen, traf sie zufällig 2022 wieder in Salamanca/E – und mit dem Gallipoli-Treffen können wir 2024 nun auch Italien auf die Treffen-Liste setzen. Mich hat das Wiedersehen echt gefreut. Was für Zufälle ! Wahrscheinlich stimmt es halt doch: Wie ist die Welt klein !

Rossella, unsere freundliche Rezeptionistin, neben der Platzbesitzerin Simona; rechts Carlo und Cati, meine Pizza-Kollegen von letzthin.


Die Mimosen blühen: Es ist Frühling geworden !
Ich wünsche euch allen Frohe Ostertage !
Buona Pasqua a tutti voi !

Hallo Rosa,
Bestell doch liebe Grüße an Priska und Oski – vielleicht erinnern sie sich ja noch an uns, wir haben uns auch in Finnikunda kennengelernt.
Wir sind zur Zeit nur im deutschen Norden und den Niederlanden unterwegs.
Viele Grüße
Heike und Holger
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Mach ich doch gerne ! 😊
Seid gegrüsst, ihr Beiden, und geniesst eure Reise ! (obwohl: eher kühl da oben, nicht ?).
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