Montánchez oder «A view to die for» (sterben für diese Aussicht)

5.4.2022 Kein Witz ! Dieser Friedhof in Montánchez hat 2015 den Preis für den ‘Besten Friedhof’ in Spanien gewonnen !

And the winner is…. !
Wettbewerb der spanischen Friedhöfe, passenderweise durchgeführt vom Magazin ‘Adiós’!

Der Friedhof gleich unterhalb der Burg von Montánchez wurde im Jahr 1810 dem steilen Granithang abgetrotzt und in Terrassen angelegt, so dass der Blick von jeder Terrasse aus weit über die Ebenen der Extremadura schweifen kann.

Einige der Grabstätten haben offensichtlich schon bessere Zeiten erlebt. Sämtliche Bewohner darin allerdings auch. Aber was wissen wir schon. Vielleicht stimmt die philosophische Aussage ‘Life is just a dream on the way to death.’

Mir gefallen Friedhöfe; diese schönen Gärten haben tatsächlich immer etwas Friedliches an sich.
Als wir Kinder waren, wollten wir als Mutprobe nachts durch den Friedhof spazieren. Da meinte unser Vater: «Von denen, die dort sind, braucht ihr euch nicht zu fürchten; die tun euch gewiss nichts». Stimmt. Vielleicht liegt dort der Beginn meiner Neigung zu Friedhof-Besuchen.

Der Platz rund um die Burg wird auch ‘El balcón de Extremadura’ genannt für dessen Rundumsicht.
Die Burg selber wurde durch die Römer erbaut, später durch die siegreich eingefallenen nordafrikanischen Mauren erweitert und nach der Rückeroberung durch weitere Stilelemente ergänzt. Eine Entstehungsgeschichte, die Montánchez mit unzähligen Bauten und Orten in Spanien teilt.  

Ich dachte, der Name Extremadura bedeute etwas wie extrem hart; das scheint aber nicht der Fall zu sein. Vielmehr steht er für extremos del Duero, also für Jenseits des Duero und stammt aus der Zeit, als die spanische Welt in Christen und Muslime zerfiel und die Mauren – eben – jenseits des Duero lebten bis zur totalen Rückeroberung des Landes durch Spaniens Königshaus. Der Duero (bzw Douro in Portugal) bildet übrigens auf einer Länge von 112 Kilometern die Grenze zwischen Spanien und Portugal.

Die Region Exremadura ist etwas grösser als die Schweiz, aber auch deutlich flacher – und um vieles weniger dicht besiedelt ! (25 Einwohner im Vergleich zu unseren gesamtschweizerischen 188 pro km² – wobei wir dichtere Ballungsgebiete haben, was die Sache wieder etwas relativiert).

Montánchez gehört zur Provinz Cáceres der Region Extremadura

Montánchez. Der Camperstop Alegría liegt versteckt im Wald rechts oben gleich unterhalb vom langgestreckten, einzeln stehenden Gebäude, welches sich als Trocknungshalle für den berühmten Jamón Ibérico entpuppte. Überhaupt sind wir hier im Land dieses Schinkens gelandet; die Extremadura und Andalusien sind besonders bekannt dafür. Die edelste Sorte dieses Schinkens stammt vom etwas kleineren, schwarzfüssigen Schwein Pata Negra, welches sich frei in Eichenwäldern tummelt und sich dort vor allem von Eicheln ernährt.

Bei meiner Weiterreise bin ich an einem riesigen Feld voller Pata Negra – Schweinen vorbeigekommen. Es fehlten Suhlkuhlen und zerwühlter Acker. Na klar ! Diese Schweine haben das Wühlen nach Nahrung nicht nötig – ihre fette Beute fällt ihnen direkt von den Eichen vor die Patas Negras…

Überall Trockensteinmauern ! Diese mörtelfreien Mauern aus nichts als Natursteinen gibt es bei uns auch, allerdings nicht so zahlreich wie hier. Sie bilden Windschutzwände wie etwa für die Reben auf den Kanaren, Feldgrenzen, Weidegrenzen oder Terrassen für Bepflanzungen. Da sind Künstler am Werk, denn es braucht Erfahrung, um den Bau stabil zu konstruieren.

Joop, der Campingplatz-Besitzer, hat uns lachend erzählt, dass er sich einmal selber daran versucht hat, weil es ja nicht so schwierig sein könne, Steine aufeinander zu schichten – seine Konstruktion hielt ganze zwei Monate, ehe sie sich bei Wind und Regen zurück in ihre Einzelsteine auflöste.   

Die Korkeiche ist der weltweit einzige Baum, dessen Rinde man am lebenden Stamm ernten kann, ohne dass der Baum abstirbt.
Ein Baum kann während seiner Lebensdauer bis zu 200 Kilogramm Kork produzieren, wenn man diesen alle zehn Jahre erntet. Hier darf nicht geerntet werden, ehe nicht die Gemeinde ihre Zustimmung gegeben hat nach Inspektion der Bäume. Eine regelmäßig abgeerntete Korkeiche bindet in der neuen Rinde fünfmal mehr CO2 als andere Bäume.
Wir sollten deshalb wirklich Wein mit Korken kaufen statt mit – in der Herstellung extrem umweltschädlichen – Aluverschlüssen. Es ist wie mit dem Wein selber: auch die Korken haben seit Jahren eine grosse Qualitätssteigerung zu verzeichnen. Ich selber entkorke deshalb in Zukunft vornehmlich Weine, um die Nachfrage nach Kork zu steigern. 😊 Ehrensache !

Eine schöne Ernte einer dicken Korkrinde
Ein verwittertes Astende einer Korkeiche. Kleine Scheiben solcher ‘Sonnenblumen’ auf Metallständern werden hier als Souvenirs verkauft.

Sahara-Staubwolke ! Nach dem Regen sah mein Auto so aus statt sauber (die Hälfte links ist bereits geputzt)..Ich weiss zwar, dass es ganz Europa vom Süden bis in den Norden so ergangen ist; es hat mich aber trotzdem geärgert, dass ich nichts mehr sehen konnte aus meinem Stubenfenster (in meinem Fall auch Frontscheibe genannt..). Zum Glück hat mein WoMo-Nachbar Hubsy sich des Sahara-Staubs angenommen mit einer Bürste am langen Stiel, und nun habe ich wieder den Durchblick ! Zumindest betreffend Aussicht..

Dem Esel rechts habe ich meine alten Äpfel verfüttert (das ist ein Esel, oder ? Wie unterscheidet sich so einer von einem Maultier oder Maulesel ?). Er ist mir nach dem ersten Apfel so lange bittend dem Zaun entlang nachgetrabt, dass ich keine weiteren ‚Fütterungsstationen‘ besuchen musste..

Das fluffige Fellknäuel heisst Max. Sein richtiger Name ist zehn Zentimeter lang, wie es sich für eine Katze der Gattung ‘Heilige Birma’ gehört. Er und seine Schwester Mira reisen problemlos mit im Wohnmobil, und wenn Max majestätisch seine Runde auf dem Platz fertig geschritten hat, geht er wieder heim.
Der vierjährige Schäferhund Gary gehört zu Annette und Hubsy und ist ein noch etwas ungestümer, aber süsser Kerl. Er sieht mich so auffordernd an, weil er weiss, dass ich Goodies habe im Auto.

Hier öffnet Annette gerade ihren Crémant d’Alsace (der hat richtig gut geschmeckt !) ; rechts versucht Brigitte dem neugierigen Schäfer Katzen sympathisch zu machen, und in der Mitte steht Hubsy mit Wurfstöckchen für den Hundeball (was es alles gibt !). Was hier langsam begann, wurde ein fröhliches Fest, und wir gingen alle erst nach Hause, als wir unsere Hände und Füsse nicht mehr spürten in der nächtlichen Kälte.

Annette, meine flotte Nachbarin aus dem dicken Schiff neben mir. Sie, Hubsy und ihr Schäferhund wohnen seit ein paar Monaten Vollzeit im WoMo. Rechts neben ihr die Platzbesitzerin Yvon mit dem täglichen Brötchenservice-Angebot fürs Frühstück am nächsten Tag.

Es hat mir so gut gefallen in Montánchez, dass ich gleich sieben Nächte lang geblieben bin auf dem Camperstop Alegría. Der Platz war toll (WCs und Duschen gibt’s allerdings erst später), das Restaurant-Angebot im Dorf war sehr gut, die Wanderweg-Auswahl schier endlos, die Gesellschaft auf dem Platz wechselnd und unterhaltsam.

Und dann wird es plötzlich Zeit zu gehen. Manchmal sind es praktische Gründe: Wasser geht aus; Klo kann nicht geleert werden und dergleichen; andere Male könnte ich keine Gründe angeben; es ist einfach Zeit. Ich glaube, hier war es der weiterhin zu erwartende Regen. Ich denke dann plötzlich: jetzt ! Also los !

Regenschleier und einsame Dörfer…

Ich kam wieder an den Schweinen auf der Weide vorbei – und wurde danach vom Regen eingeholt. Ich reiste gemütlich und praktisch allein auf Nebenstrassen durch schlafende Dörfer, vorbei an Kühen in allen Farben von cremeweiss über caramelbraun bis schwarz – und an grossen Schafherden auf riesigen Weiden.

Aus den Wolken tauchte überraschend dieser Berg vor mir auf. Was ich dannzumal noch nicht wusste: ich war im Nationalpark Monfragüe bei Plasencia angekommen, und diese Schlucht heisst ‘El Salto del Gitano’.

Der Rio Tajo

So sähe der Salto del Gitano aus bei gutem Wetter. Schön, aber deutlich weniger dramatisch als das, was für mich aus den Wolken gestiegen war. Ganze Schwärme von Mönchs- und Gänsegeiern sind oft zu sehen über diesen Felsen am Tajo. Der Park ist nicht zuletzt berühmt für seine Vogelwelt; etliche Parkbesucher waren folgerichtig mit 70cm langen Kamera-Objektiven unterwegs.

Ich blieb die Nacht im Camping Monfragüe und machte mich am nächsten Tag bei feinem Wetter auf nach Salamanca.

Zwischen Plasencia und Salamanca kam ich ins Valle de Jerte und wurde begrüsst von tausend blühenden Kirschbäumen. Was für wunderschönes Tal !

Typisch für kleine Dörfchen hier: wenn die Leute nicht vorsichtig um ihre Haustüren schauen, ehe sie heraustreten, kann es gefährlich werden..

Nun stehe ich seit bald einer Woche auf dem Campingplatz Don Quijote in Cabrerizos, knappe sieben Kilometer von Salamancas Zentrum entfernt.
Gleich in der ersten Nacht hier habe ich bei Minusgraden mein Wasser verloren… Ups ! Natürlich nicht ich persönlich, sondern mein WoMo. Der eingebaute Frostschutz kam ins Spiel bei den nächtlichen -4°C. Hier ist es momentan kälter als in der Schweiz ! Extremadura in der Direktübersetzung würde also passen, aber ich befinde mich bereits in der Region von Castilla y León, was irgendwie freundlicher tönt als es sich verhält.

Jedenfalls beträufle ich jetzt meine Zahnbürste aus einer Wasserflasche vor dem Zähneputzen, denn es lohnt sich nicht, das ganze Lager auszuräumen, um den Schutz zu reaktivieren, so lange die Kälte anhält. Was mich daran erinnert, dass ich unbedingt eine dritte Wolldecke aus dem Lager holen muss.

Dass ich noch immer hier bin, hat einerseits mit Bequemlichkeit zu tun (gutes Wlan, feines Restaurant, schöne Spaziergänge entlang dem Rio Tormes) und andrerseits mit Unentschlossenheit. Von hier aus kann ich noch in alle vier Himmelsrichtungen weiterreisen, und ich weiss einfach nicht…

Mein Zaudern kam mir dieses Mal zugute ! Gestern trafen überraschend Priska und Oski hier ein. Mit ihnen hatte ich einst in Finikunda/GR den Winter verbracht. Schöne Erinnerungen (dort war es übrigens deutlich wärmer als hier – damit das auch erwähnt sei..).  

Auf nach Salamanca. Die barocke Plaza Mayor aus dem 18. Jahrhundert. Wir waren so beeindruckt, dass wir uns gleich einmal in ein Restaurant am Platz setzten und ein paar Tapas bestellten (sie werden hier Pinchos genannt).

Die Kathedrale von Salamanca sind eigentlich zwei Kathedralen, wobei die romanische aus dem 13. Jahrhundert direkt an die gotisch/barocke Neue aus dem 16. Jahrhundert grenzt.

Alles ist riesig, üppig verziert bis ganz hinauf in schwindelerregende Höhen und ziemlich überladen. Das musste wohl so sein, wenn damit demonstriert werden sollte, wer hier die Macht hat. Schön sind diese Bauwerke in jeden Fall, und es wäre interessant zuzusehen, wie so etwas gebaut wurde zu jener Zeit.

Wir schlenderten durch die grosszügigen Strassen, genossen Kaffee und Kuchen im Café VIPS und tranken ein letztes Glas Wein auf der Plaza Mayor, ehe wir den Bus zurück zum Campingplatz bestiegen.

Ich habe beschlossen, halt doch langsam nordwärts zu halten. Das Wetter will auch im Süden nicht so recht; Portugal habe ich schon mehrfach bereist und in Barcelona war ich auch schon einige Male.

Schlusspunkt: Was für eine Ehre !

Ich erhielt gerade die Nachricht, dass der neue Bungalow auf der ‘Finca Angela’ in Utrera nach mir benannt worden ist. Ich freue mich über die Ehre und bin gerührt ! (da sieht man mal, was man erreichen kann, wenn man lange genug bleibt und gerne dabei zusieht, wie andere arbeiten… 😊)

4 Gedanken zu “Montánchez oder «A view to die for» (sterben für diese Aussicht)

  1. Avatar von Andi + Martha Andi + Martha

    Hopp Rosli

    Es freut mich, dass du wieder bedeutend positiver tönst als noch auf den Inseln!
    Die innerspanischen Dörfer sehen sehr gepflegt und sauber aus.
    Mach dir nichts aus der Kälte, der Sommer kommt bestimmt!
    Schöne Weiterfahrt und geniesse es.
    Gruss aus dem Rheintal Andi

    Gefällt 1 Person

    1. Hopp Andi
      Ja, es ist wirklich schön hier. Und ich habe bald alle Tapas durch, die es so gibt !
      Es ist zwar immer noch ziemlich kalt abends, aber inzwischen habe ich mich wieder etwas daran gewöhnt, und es schläft sich natürlich viel besser bei kühlem Wetter. Ich zähle aber fest auf den Sommer (sagen diverse meiner Gelenke auch..)
      Liebe Grüsse und bis bald mal wieder ! Rösli

      Like

  2. Hopp Rösli

    Geht es dir gut ?
    Also bei uns hat sich der Frühling wieder angemeldet.
    Man spürt , dass der Osterhase im Land ist . Wie fühlt sich Ostern in der Fremde an ? Wir hoffen, dass du schöne Feiertage erlebst . Halt einfach etwas anders ! ?
    Also kurz gesagt ; Wir wünschen dir Fröhliche Ostern, einen wolkenlosen Himmel
    und gute Laune!
    Ganz liebe Grüsse Elisabeth + Sepp

    Gefällt 1 Person

Hinterlasse einen Kommentar