Arkadiens Leonidio

127_01_Meerplatz

Die junge, nette Zahnärztin Katarina hat mir die Zähne blitzblank poliert für 40 Euro (inklusive Touristenzuschlag..). Na also, geht doch ! Da ich etwas warten musste, bis alle ‘Lockdown-Annullationen’ aufgearbeitet waren, bin ich seit bald 14 Tagen auf dem Campingplatz Semeli in Leonidio – und bereits sehr heimisch am Fuss des Parnon-Gebirges.

127_02_Holzplatz

127_03_StrandIch stehe vorne am Meer, also gehen viele auf dem Weg zum Strand an mir vorbei, Das führt irgendwann zum Plaudern, vor allem mit Leuten, die im Städtchen wohnen und  täglich zum Schwimmen kommen.

127_04_PlakaDie Tavernen im kleinen Hafen Plaka sind gerade einmal fünf Minuten entfernt über den Sandstrand erreichbar, liegen also gleich um die Ecke..

127_05_Johnson&HelenJohnson (Däne/60) und Helen (Zypriotin/52) haben während einigen Jahren ein ‘Yoga-Retreat-Hotel’ geführt in Goa.

Nun sind sie zurück in Europa und wohnen als House-Sitter mitten im Städtchen Leonidio. Hier wollen sie bleiben und Yoga anbieten. Erst wollten sie ein grosses Haus mieten, in welchem sie ihre zukünftigen Kursteilnehmer aus ganz Europa selber betreuen würden.
Erschwingliche Häuser liegen allerdings meist ziemlich weit ausserhalb von Orten; sie müssten ihre Gäste also während deren ganzen Aufenthaltsdauer unterhalten.

Stattdessen werden sie nun die Gäste in Hotels in Leonidio oder in den hübschen Zimmern im Apartment-Haus auf dem Camping Semeli unterbringen. So hat auch die lokale Wirtschaft etwas davon – und sie selber eigene Freizeit. Nun benötigen sie nur noch eine dekorative Terrasse mit Pergola direkt am Meer für die Yoga-Lektionen – und ein kleines Häuschen, in welchem sie selber wohnen.

127_06_Schrein
Die Strasse nach Leonidio. Man hat mir gesagt, dass diese Schreine am Strassenrand (wie der türkisbedachte links) zum Gedenken an Menschen seien, die an dieser Stelle gestorben sind. Himmel, manchmal steht alle hundert Meter einer davon !

Da taucht schon der Verdacht auf, dass hin und wieder einer auf seinem Totenbett röchelt: «Bringt mich zur Strasse – keuch – bringt mich sooofort zur Strasse hoch bei den Engelstrompeten ! Und ich will ein türkises Dach auf meinem Schrein – hust, keuch – und keines von diesen billigen blechernen Häuschen – ich will ein….». Tja, und an dieser Stelle pressiert’s dann mit dem Hochbringen… 😊

127_07_Leonidio

Auch ein pensioniertes französisches Paar ist auf der Suche nach einem Haus. Die Beiden hatten einen grossen Hof in der Ardèche, und erst, als Bruno schwer erkrankte, kamen sie auf die Idee, die 5000 m2 Land voller Bäume und Wiesen zu verkaufen. Er ist inzwischen genesen, und nun stehen sie am Anfang ihres neuen Lebens. Man merkt, dass sie immer gearbeitet hatten: die Zwei wollen noch alles sehen und sind täglich auf stundenlangen Wanderungen in den Bergen unterwegs – als ob sie noch in den Ferien wären… 😊. Das ist schon beeindruckend – und wahrscheinlich sollte ich mir ein Stück davon abschneiden, habe ich doch einige Kilos mehr zu bieten als noch letzten Sommer – und bedauerlicherweise alle am falschen Ort…

127_08_Angelo

Angelo (73) war einst Matrose und kennt sozusagen jeden Hafen der Welt.
Er wurde mit 55 Jahren pensioniert und führt seither ein bescheidenes, sesshaftes Leben in Leonidio – seine Rente von gut 900 Euro im Monat ist doch tatsächlich eine der besseren in dieser Gegend. Vor ein paar Jahren waren es noch 1200 Euro, aber der Staat beschneidet die Renten beinahe jährlich, und er macht sich berechtigte Sorgen, wie weit sie damit noch gehen werden. Angelo bewohnt ein grosses Studio (Monatsmiete 150 Euro) mitten im Städtchen und ist ebenfalls einer der regelmässigen Schwimmer hier.

127_10_MythropolisWir haben zusammen gegessen in der Taverne Mythropolis, in welcher er jeden Abend sein Viertelchen Rosé trinkt.
Die Abendstimmung vor der roten Kalkstein-Felswand war einfach traumhaft. Als die Wand beim Einnachten im Dunkeln verschwand, befand ich prompt, dass die ganze riesige Wand eigentlich dramatisch beleuchtet werden müsste.
127_12_RouteSampatiki

Oder nein, eben nicht ! Wenn ich es mir recht überlege, ist genau diese Einfachheit der grösste Charme der Peloponnes ! Es wird praktisch nirgends Wert auf Prunk und grosse Deko gelegt; bei vielen Dingen hat man auch oft den Eindruck von ‘improvisiert’. Und genau das macht es aus !  Es ist schlicht, echt, natürlich und schön hier. Und so darf es gerne bleiben.

Wobei zum Beispiel die Tische in den Tavernen immer mit Stofftüchern belegt werden für die Gäste. Und mehr braucht es auch nicht, wenn der Blick von diesem Tisch unter der Pergola weit hinaus schweifen kann auf das himmelblaue Meer.

127_11_OlivenbaumJohnson hat mich gefragt, ob er und Helen morgen mitfahren dürften Richtung Norden. Ich hatte dummerweise beim Plaudern erwähnt, dass ich etwa nächsten Dienstag weiterfahren würde; selber schuld. Sie wollen ihr brandneues, gebrauchtes Auto abholen in Argos, etwa anderthalb Autostunden von hier. Ich betrachte es als Wink des Schicksals – gehen wir halt..

127_13_RouteSampatikiDas ist zwar irgendwie schade, denn mir gefällt es hier ganz ausgezeichnet, aber es wird tatsächlich Zeit, nordwärts zu halten, sonst wird das nichts mit dem Zwischenstopp in der Schweiz. Dort habe ich einiges zu erledigen, von der Lebensbestätigung über die Kreditkartenerneuerung bis hin zum Autoservice – und die Autarkie will ich ja auch angehen.

Und ich freue mich auch schon sehr auf das Wiedersehen mit meiner Familie und meinen Freunden !

127_15_SemeliBeachAber ich habe mich halt auch rasch daran gewöhnt, vor dem Frühstück schwimmen zu gehen, wenn noch niemand sonst unterwegs ist und ich den Strand für mich alleine habe. Danach wasche ich mir das Salzwasser aus den Haaren an der öffentlichen (kalten) Dusche gleich neben meinem Auto und bin erfrischt bis in die Knochen.

Aber he, es gibt ja noch weitere Jahre  😊.
Was zu vermuten war: ich bin mitten im dritten Jahr meiner Reise – und noch überhaupt nicht fertig..

127_16_Flowertree

Johnson hat mir eben eine Nachricht geschickt: Damit sie überhaupt ein Auto kaufen dürfen hier, müssen sie sich registrieren lassen. Und hier wird’s griechisch, denn administrative Dinge dauern ‚griechische Einheiten‘ lang, und die sind deutlich länger als anderswo. Er fragt: «Wäre auch Mittwoch ok statt schon morgen?» Jahaaa, also für mich geht das in Ordnung…  (dass auch Donnerstag tiptop passt, sage ich natürlich erst am Mittwoch 😊…)

127_17_Rita&Barni

Ich bin eben zurück von einem Apéro bei Rita und Barni, den einzigen anderen Gästen auf dem Platz nebst mir. Das Bild habe ich mir von ihrer Homepage geborgt, da ich das Fotografieren vergessen hatte vor lauter Wein, Nüssli und Geschichten..

Die Beiden leben seit 2013 ganz in ihrem schicken, grossen Wohnmobil und kennen sich inzwischen sehr gut aus in Europa. Ich bin immer wieder begeistert von den interessanten Lebensgeschichten der Leute unterwegs.

Beim Pläuscheln sind wir überraschend von einem Gewitter eingeholt worden und haben die Sache deshalb auf eine zweite Flasche Weisswein ausgedehnt, damit ich die fünfzig Meter nach Hause nicht etwa im Regen auf mich nehmen müsse..

127_18_Regenbogen Es ist angenehm kühl geworden – ich werde bestimmt prächtig schlafen.

Vor dem Eindunkeln gab es noch einen herrlichen Regenbogen, und ich könnte schwören, dass die neuen Triebe am dürren Baum in der Bildmitte rechts alle heute Abend gewachsen sind ! Phänomenale Natur !

127_19_RoutePoulithra

127_20_BuchtPoulithra

 

2 Gedanken zu “Arkadiens Leonidio

  1. Avatar von Katharina und Hansruedi Katharina und Hansruedi

    Und wieder einer der herrlich erfrischenden Berichte aus deinem Reiseleben!
    Coronabedingt haben wir den Frühling statt in Schottland hier in der Schweiz verbracht – schön zu Hause, wie von den Herren Berset und Koch gewünscht – und haben es auch genossen 😎. Jetzt planen wir den Herbst in Südnorwegen, laut meinem Göttergatten werden dort dieses Jahr so wenig Touristen unterwegs sein wie nie mehr in den kommenden Jahren… mir solls recht sein😊.
    Wir wünschen dir eine unterhaltsame Reise gen Norden und ja, das „autark sein“ solltest du unbedingt umsetzen!
    Katharina und Hansruedi (du weisst schon noch: Spanien, Embrach)

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    1. Liebe Katharina
      Lieber Hansruedi
      Oh ja, ich erinnere mich gut an unser EU-gefördertes Privatfeld in Rinlo – schön war’s !
      Wahrscheinlich hat dein Göttergatte recht, Kathy: auch hier müssten die Plätze jetzt voll sein; stattdessen tummeln sich einige wenige Griechen am Strand – und dies auch nur am Wochenende. Und die Campingplätze sind leer. Bloss in Deutschland sollen sie aus allen Nähten platzen – zügige Durchfahrt empfohlen ! 😊
      Viel Vergnügen in Norwegen !
      Auf ein ander Mal mit griechischem Salut (pardon: Γειά σου bzw Yassu !) Rosa

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