Schildkröten, Kletterwände und ein unverschämter Zahnarzt

10.6.2020 Gythio – Monemvasia – Leonidio
Ehe ich Mani Beach Camping verliess, habe ich mich zwischen den Männern durchgeschlängelt, die vor dem Minimarkt und der Bar einen Lastwagen mit Kühlschränken und Kühlbuffets beluden. Die ebenfalls nur gemieteten Tische und Bänke standen auch schon zum Aufladen bereit. Und obwohl der Angestellte Erion Zweckoptimismus verbreitete, sieht es nicht so aus, als ob hier in naher Zukunft eine normale Touristen-Saison starten würde.

126_01_RockyAh, da ist er ja, ‘mein‘ Hund Rocky
Eigentlich wollte ich ihn nochmals so richtig knuddeln und mich mit einer Träne im Auge verabschieden, aber er wich mir aus und zottelte beleidigt davon, und ich hätte schwören können, dass er im Weggehen ‘Das täte dir so passen, du Verräter’ murmelte.

Vor der Abreise klopfte Werner einmal kräftig auf mein Auto, und schon fiel das rot-weisse Kätzchen wie eine reife Orange aus dem Motor. Wusste ich’s doch, dass die zwei jeweils da drin geschlafen hatten ! Ein Auto ist nämlich ein prächtiger Resonanzkörper für Poltergeister !

Erions Frau Ilona versprach, sich dank meines vielen restlichen Futters getreulich um die Katzen zu kümmern. Und ich habe mir vorgenommen, mir nie wieder einen Streichelzoo anzutun. Oder allerhöchstens, falls es wirklich nötig sein sollte. Oder falls ich wieder mal irgendwo länger bleibe. Oder falls es dort Katzen gibt..   😉

Auf in den Kampf ! (seufz..).

126_02_GlyfadaAls erstes kam ich wieder am Glyfada Beach vorbei mit dem rostigen Wrack, wo links vorne in den Dünen noch vor ein paar Woche acht  Wohnwagen und Wohnmobile gestanden hatten und jede Menge Kinder auf dem selbstgebastelten Spielplatz herumturnten.
Sie wurden alle weggeschickt, um den Strand an die Badegäste unter ihren bunten Sonnenschirmen zurückzugeben. Eigentlich wäre das Campieren dort ganz verboten, es wird aber geduldet bis zur Saison, dann jeweils ziemlich plötzlich nicht mehr.

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126_05_TurtleBeachDies ist einer der griechischen Strände, wo Meeresschildkröten im Juni ihre Eier ablegen. Freiwillige markieren die Ablage, um sie vor versehentlicher Zerstörung zu schützen.

Diese ‘Unechten Karettschildkröten’ (Caretta Caretta) können bis zu 1.20 Meter lang und bis zu 110 Kilos schwer werden. Es wäre schön, eine Eiablage selber mitzuerleben; man braucht allerdings viel Geduld und wartet oft nächtelang vergebens auf den Auftritt der Stars dieser exklusiven Show.   

 

Monemvasia

126_06_MonemvasiaMonemvasia ist ein kleines, mittelalterliches Städtchen auf einem grossen Monolithen, also einem einzelnen, natürlichen Felsen wie etwa das australische Ayer’s Rock. Halb oben steht eine Burg, die als uneinnehmbar galt, bis die Türken sie im Jahr 1715 – ähm – einnahmen. Worauf sie folgerichtig rasch an Bedeutung verlor.

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Das Städtchen ist sehr hübsch und mit den wieder eröffneten Tavernen auch sehr einladend, aber der Stellplatz für Wohnmobile ausserhalb des kleinen Hafens sah etwas gar trist aus, und ich hätte dort ganz alleine gestanden. Lieber nicht..

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Es war erst früher Nachmittag; es würde also locker reichen für die Weiterfahrt nach Leonidio. Dort, so hoffte ich, würde ich einen offenen Campingpatz finden. Zuerst gab es aber noch eine Spritztour auf den Hügel bis zur Burg, einen Spaziergang in den engen Gässchen und einen Kaffee am weiss-blau karierten Tisch (leider keine Fotos, denn mein Handy-Akku ist ziemlich hinüber, und ich hatte versäumt, ihn aufzuladen).

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Ich wählte die etwas längere Route über die Berge von Monemvasia nach Leonidio. Gute Wahl ! Das war eine wunderschöne Fahrt, und anfangs konnte ich nicht oft genug «Wow! Ist das schön !» rufen.

Dann geschah das, was immer geschieht mit der ultimativen Begeisterung: nach einiger Zeit hat man sie aufgebraucht, ist müde vom Staunen und Schauen und wäre nun gerne am Ziel. Bis es soweit war, dauerte es allerdings nochmals gute anderthalb Stunden. Während der ganzen Reise über die Berge traf ich zwar überraschend auf einige kleine Dörfchen draussen im Nirgendwo, aber mir begegneten gerade einmal vier Autos. Schön!

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126_11_toLeonidioDas Land hier oben liegt nicht etwa brach. Oliven gedeihen offenbar bis ganz hoch hinauf und auch auf steinigem Boden, was dann wohl die Bauerdörfer erklärt, die ich unterwegs gesehen hatte.

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126_13_toLeonidio ..dazwischen sind die bescheidenen ‚Alpen-Ziegen‘ 😉 am Werk. Ziegen finden immer etwas zu futtern.

126_14_toLeonidioGanz oben wächst dann wirklich nur noch sehr anspruchsloses Grünzeug

126_15_CoastlineDann geht es bergab zwischen Alleen aus Perückenbäumen und Oleander – vor allem aber mit einer herrlichen Aussicht auf die Küste.

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Leonidio

Juhui ! Der Campingplatz Semeli in Leonidio hat geöffnet, auch wenn wir gerade mal zu zweit auf dem Platz stehen: der Maler und Bildhauer Ingo, der mit einem coolen kleinen Wohnwagen und zwei Hunden unterwegs ist – und ich.

126_17_IngoVeltumIngo hat einen 4×4 Toyota-Zugwagen, mit dem er problemlos auf jeden Berg kommt, und dank des Verbindungsgelenks auch um jede Kurve, und die Bodenfreiheit passt auch für Geröllhalden. Wenn das Ding nicht so deutlich länger wäre als meines, würde mir die Idee gefallen (obwohl ich mich bei der Vorstellung eines Anhängers immer gleich beim Abräumen einer Kreisel-Dekoration sehe).

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126_18_YachtclubDinerDie Taverne des Yachtklubs in Plaka, dem Hafen von Leonidio

Ich schloss mich husch am Strom an, und schon spazierten wir dem Strand entlang zum alten Hafen mit einer schönen Auswahl an hübschen Beizlein.

Eigentlich ist es überall romantisch, wenn man so nah am Wasser sitzen und entspannt am Weinglas nippen kann. In Griechenland sind dabei zwar die Stühle etwas unbequemer als anderswo, aber sie gehören halt traditionell dazu.

Da überkommt einen unversehens dieses Ferien-Feeling von einst, und inzwischen ist es so warm geworden, dass man auch gerne länger sitzen bleibt. Zumindest so lange, bis es sich bei den Mücken herumgesprochen hat, dass ‘angerichtet ist’.

126_19_StonyBeachMein neuer Strand ist deutlich steiniger als der letzte, hat dafür aber eine edle Felswand als Hintergrund

126_20_FelswandDas Städtchen Leonidio liegt etwas landeinwärts am Fusse einer langen, beeindruckenden Felswand. Die Kletterer kommen von weit her, um sie zu bezwingen. Oder es mindestens zu versuchen.

Ich hätte ja gerne beim Klettern zugesehen, dafür muss man jedoch früher im Jahr hier sein, denn nun ist es bereits so heiss, dass die Sportler an den steilen Wänden gebraten würden wie Spiegeleier. Es gibt noch ein paar wenige, aber sie sind am Morgen bestimmt früher dran als ich.

Habt ihr gewusst, dass das Klettern an Felswänden ‘Bouldern’ heisst und der Schwierigkeitsgrad in dieser Region von leicht 2 bis extrem 9 mit jeweils a, b oder c hinter der Zahl angegeben wird ? Und dass es weltweit beinahe so viele Gradskalen gibt wie Kletterarten ? Ich weiss ja nicht, wozu euch dieses Wissen nützlich sein könnte, aber da es mir laaaange erklärt wurde auf meine kurze Frage nach der Bedeutung der Angabe 6c neben einer Route, wird es auch weitergereicht, basta. So ! 😊

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Der Zahnarzt

Da ich den geplanten Dental-Hygiene-Termin (für veranschlagte 30 Euro) in Gythio nicht mehr einhalten konnte mangels Wohnort, fand ich mich am Freitag Abend um 18.00h zu meinem neuen Termin in Leonidio ein. In der Praxis musste mir zuerst die Hände mit Alkoholgel einreiben, dann über einen desinfizierenden, klebrigen Streifen gehen und sass dann endlich im Stuhl.

Vorsichtshalber fragte ich an dieser Stelle, was die Zahnreinigung denn kosten würde. Der rundliche Arzt hinter der Maske musterte mich, dachte lange nach und meinte schliesslich: 100 Euro.
Und hier habe ich einen Fehler gemacht. Ich sagte: «Ha ! Das ist ja lächerlich und noch teurer als in Schweiz ! Auf gar keinen Fall ! Goodbye !» Und draussen war ich.
Wenn ich herzhaft gelacht hätte und gesagt, er sei ein Witzbold, nun aber ernsthaft, hätte er zurückpaddeln können. Vielleicht hätte er es nicht getan, aber das werde ich nun nie erfahren. Ok, nächstes Mal mache ich es besser (das ist zwar eher unwahrscheinlich, aber hey..). 😊

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Ich habe überrascht festgestellt, dass mir das Reisen wieder sehr gut gefällt nach dem langen Herumstehen (obwohl letzteres durchaus auch seinen Reiz hatte).

PS Ist das schön, dass ich die Türe offen stehen lassen kann, ohne dass sich gleich Katzen ins Auto drängen wollen
PPS Ich hoffe, Ilona hat die Gythio-Katzen auch wirklich gefüttert !

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Hier werden die Katzen doch tatsächlich von den Platzbetreibern verköstigt – passenderweise vor der First Aid Station. Na DAS ist ja nett ! Da werde ich mich nicht einmischen !

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Gestern Freitag ist Ingo abgereist – nun gehört der ganze Campingplatz mir ganz allein 😊

4 Gedanken zu “Schildkröten, Kletterwände und ein unverschämter Zahnarzt

  1. Avatar von yvonne.kaeser yvonne.kaeser

    Hoi duImmer wieder schön von dir zu lesen 😁Ich habe ja meinen VW-Bus etwas abgeändert beim Rausfahren aus der Garage an der Mülibachstrasse 😣Aber seit gestern ist er wieder heil (hat mich glatte 4’500.- gekostet!) und es „juckt“ mich schon ganz arg  loszudahren…. Aber, 1. sind die CPs noch bis zum 15.6. zu, 2. gehe ich erst mal für  eine Woche ins Trainingslager (HundeTraining Fährzensuche) und 3. ist eine Freundin von mir schwer erkrankt und ich glaube, ich sollte vorerst hier bleiben ….Na ja, mit der ganzen Corona-Geschichte ist es ja vermutlich eh besser das Reisenfieber etwas flach zu halten…. Südfrankreich fällt eh schon mal aus, weil der Platz bei St. Raphael wegen Corona nur noch für Besitzer und nicht für Mieter zugänglich ist.Wenn wir (meine Hündin Mali und ich) dann los können, wird es erst mal der Jura sein und vermutlich das Wallis.Falls es überhaupt noch Plätze gibt auf den CPs.Viele wollen dieses Jahr ja nicht ins Ausland….Hier gibt es nichr viel Neues, ausser, dass deine Nachmieter Celine und Sedric und die Jungs wegziehen… schade, ich mag diese kleine Familie…Margret geht es soweit gut, hat allerdings so langsam den Hüttenkoller.Der Hausarzt hat ihr ausdrücklich verboten aus dem Haus zu gehen, da sie zur Höchstrisiko-Gruppe gehört.So, nachdem ich nun endlich rausgefunden hatte, dass ich dir mit einem simplen Klick auf die „Antworten“ -Taste  antworten kann, werde ich es bald wieder tun 😁Freue mich immer sehr über deine Berichte!!Dicken KussYvonne Von Samsung-Tablet gesendet

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    1. Liebe Yvonne
      Ich freue mich, von dir zu hören ! 😊 Oha, das mit deinem Bus tut mir leid: hast du die Kurve zu früh genommen ?
      Mir scheint, du hast gerade ein reichliches Programm – Fährtensuche ist ja eine ganz andere Klasse – ich treffe unterwegs immer wieder Hunde, die keinen einzigen Befehl befolgen und einem Bauch und Arme verkratzen beim (freundlichen !) Anspringen – unter dem lächelnden Kommentar der Besitzer: „Jöh, der freut sich ja so ! Ich kann es jeweils kaum glauben, dass die mit so einem Hund zusammen sein wollen“.

      Ferien in der Schweiz ist eine gute Idee ! Schon, damit die wegbleibenden Touristen aus dem Rest der Welt etwas kompensiert werden. Griechenland hat dasselbe Problem; deshalb bin ich auch der einzige Gast auf dem Campingplatz – um diese Zeit müsste hier etwas los sein. Ich habe allerdings Bilder von so überfüllten Campingplätzen in Deutschland gesehen, dass es mir direkt etwas schwindlig wurde.

      Hoppla ! Weisst du, warum Céline und Cédi wegziehen ? Ach nö, ich frage sie gleich selber. Und bei Margret melde ich mich auch _ danke für den Schubs in die richtige Richtung – man wird faul mit der Zeit !

      Ich wünsche dir und Mali viel Erfolg bei eurer gemeinsamen Arbeit, überhaupt alles Gute – und wir sehen uns wieder bei Gelegenheit, gäll !
      Liebe Grüsse
      Rösli

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  2. Hopp Rösli
    Danke für die schönen Bilder und Berichte.
    Wir gratulieren dir für die tollen unternehmungslustigen Ausflüge
    und Entdeckungen die du manchmal so ahnugslos (aus unserer Sicht) unternimmst.
    Du bist ein richtiger Profi ;
    Es freut uns, dass es dir so gelingt und du selber auch noch schöne Momente
    (Überraschungen) erlebst.
    Auch wir geniessen so deine abenteuerliche Momente.
    Wir wünschen dir auf weiteres gutes gelingen.
    Gute Fahrten und Glück auf all deinen Wegen.
    Auf ein fröhliches Wiedersehn freuen sich Sepp u.Elisabeth

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    1. Hihiiiiiii ! 😊
      Ja, das habt ihr schön gesagt: Ich geb’s ja zu: ich schlittere oft ahnungslos in der Gegend herum.
      Ich finde halt meistens, dass das Planen völlig überbewertet wird. Ich kenne ja sowieso nichts hier, also ist alles neu und interessant.
      Und wenn man keine Erwartungen hat, die aus Hochglanzbroschüren stammen, wird man auch nicht enttäuscht, nicht ?

      Gut, man kann schon mal falsch liegen (und umkehren müssen), aber meistens kommt es genau richtig – mindestens aber ok.
      Hier zum Beispiel habe ich ein nettes Paar getroffen – er ist Däne, sie Zypriotin – sie wohnen hier seit einem Jahr. Die beiden kommen jeden
      Morgen an meinem Auto vorbei zum Schwimmen. Und sie haben mir ihren Zahnarzt hier empfohlen. Deshalb bleibe ich noch, denn sie haben
      mir auch gleich einen Termin organisiert gegen Ende Woche. Und schon passt wieder etwas – und ich habe ja zum Glück keine Mühe mit Nichtstun und Geniessen! 😊

      Dann noch Nafplio, Drepano – und dann wird es langsam zu heiss im Süden, und ich halte nordwärts. Voraussichtlich langsam, aber stetig(er)…
      Aber das sehen wir dann, wenn es soweit ist. Vielen Dank für die guten Wünsche – DIE kann ich immer gebrauchen !
      Seid inzwischen herzlich gegrüsst ! Rösli

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