Die Fähre fährt. Die Fähre fährt nicht.. Der Campingplatz schliesst aber wirklich.

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Meine Berner Nachbarn Agnes und Werner hatten zum dritten Mal einen Platz auf der Fähre von Patras nach Ancona gebucht, zum dritten Mal eine Ticket-Bestätigung erhalten – und zum dritten Mal zwei Tage vorher erfahren, dass doch nichts geht und immer noch nur LKW transportiert würden.

Und so kam und ging der 5. Juni, an welchem sie sich gegen Abend auf der Fähre gesehen hatten. Der nächste Termin ist der 15. Juni, es könnte aber auch 1. Juli werden gemäss der netten Dame von der Reederei.

Da die Beiden in Ungarn ein grosses Anwesen besitzen, haben sie vor ein paar Tagen beschlossen, am 10. Juni die gut 2000 Kilometer über Land unter die Räder zu nehmen.
Mich hat es gefreut (ganz diskret, versteht sich), dass sie noch etwas länger bleiben (mussten), denn sie sind nicht nur sehr angenehme Nachbarn, sondern auch meine einzigen. Vielleicht würde ihre Abreise ja auch zum Schubs, den ich dringend benötige, um meine bequeme (oder faule) Wenigkeit wieder in Bewegung zu bekommen..

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125_03b_90DegreesBis es aber soweit ist, haben wir drei uns mit Gusto in die wiedereröffneten Tavernen begeben und sind erfolgreich dabei, uns durch die lokalen Spezialitäten zu futtern: frische Fische und Meeresfrüchte, Souvlaki-Spiesschen und Bifteki, die würzigen Hackfleischbällchen.

Oder gebratene Auberginenscheiben und Tzatzki. Uns hat es vor allem der griechische Salat angetan mit seinen knackigen Gurken, saftigen Tomaten, frischen Oliven, Kapern und seiner dicken Scheibe Feta-Käse mit Kräutern oben drauf. Dieser Salat wird in ganz Griechenland ausnahmslos perfekt frisch serviert. Das ist nicht selbstverständlich, denn Fleisch kommt sehr unterschiedlich auf den Teller, mal knusprig zart und würzig, mal völlig verbraten und trocken. Dasselbe gilt für Kartoffeln: sie werden einfach als ‘Patates’ angeboten, und manchmal sind es in Öl gewendete Salzkartoffeln, dann wieder perfekte Pommes Frîtes. Und alle Varianten dazwischen.

125_04_Schwalben_GiakosDer Himmel in der Taverna Giakos hängt voller Schirme – eine ebenso originelle wie praktische Idee: sie fangen die Essensreste der Schwalben darüber auf – ungegessene wie bereits verdaute… Während dem Essen kann man die unglaublichen Flugkünste der Schwalben bewundern.

125_05_Katzenmami1Diese Katze hat zweimal versucht, ihr einzelnes Junges in meinem Auto einzuquartieren. Man kann es ihr nicht verdenken, wäre sie so doch am nächsten bei ihrer Futterquelle. Ich habe sofort das ganze Auto ausgeräumt, weil ich befürchtete, dass sie vielleicht ein zweites schon vorher gebracht haben könnte. Als ich sie hinausstellte, hat sie ihr Junges zuerst liegen lassen, es aber später doch noch abgeholt.. Uffa !

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Tja, und dann habe ich beschlossen, nach Agnes und Werners Abreise doch noch 14 Tage länger zu bleiben. Ich würde mich langsam wieder ans Alleinsein gewöhnen, Veloausflüge in der Umgebung unternehmen und einen Dentalhygiene-Termin in Gythio abmachen.
Letzte Woche ist ausserdem diese Katzenmutter (oben) mit ihren zwei Jungen unter meinem Auto eingezogen, und die beiden Kleinen sind noch nicht ganz selbstständig. Und schliesslich dürften bis Ende Juni auch alle Grenzen wieder offen sein.

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Das hätte auch geklappt, wenn ich es selbst bestimmen dürfte. Aber NEIN ! Vorgestern fand vor der Reception eine Zusammenkunft statt mit den etwa zwölf anwesenden Dauermietern und dem Bruder des ‘rechtmässigen Pächters’ (welcher wohl zu feige war, selber zu kommen) –
und gestern Pfingstmontag, 8. Juni, kam der (einzige) Angestellte Erion bei uns vorbei und informierte uns, dass wir heute Dienstag abreisen müssten, weil der Platz geschlossen würde.  

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Es scheint, dass der Pächter seit drei Jahren keinen Pachtzins mehr bezahlt hat. Stattdessen hat er die gesamten Platz-Einnahmen in Kokain und Frauengeschichten investiert. Er hatte Erion beim Lockdown auch gleich informiert, dass er vorläufig keinen Lohn erhalten würde, da ja keine Leute kämen und er ergo nichts zu tun hätte.
So ein Fiesling ! Erion hat die ganze Zeit gearbeitet – bedächtig zwar, doch stetig, und Sonntage inklusive. Er hat die Reception frisch getüncht, Hecken geschnitten, Rasen gemäht, Beschattungsmatten fixiert, Baumschnitt verbrannt und vieles mehr.

125_x_MavrovouniBeach Nun wird der Platz genau zum Zeitpunkt geschlossen, da vorsichtig die Saison beginnt, momentan noch vor allem mit griechischen Gästen.  

Die Dauermieter wohnen zum Teil schon seit über zwanzig Jahren hier, und die Aufregung liegt wie das Summen eines Bienenstocks über dem Platz. Überall diskutieren kleine Grüppchen ihre persönlichen Konsequenzen – und vor allem suchen sie mögliche Auswege aus der vermaledeiten Situation.

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Wir haben zwar noch einen zusätzlichen Tag herausgeholt, aber morgen ist es soweit: ich muss ‘meine’ halbwüchsigen Kätzchen im Stich lassen – und Rocky, den Hund, der mich adoptiert hat und getreulich mit mir zum Abwaschen mitkommt oder zu Strandspaziergängen.

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Es ist schon erstaunlich, wie verwachsen man sich an einem Ort fühlen kann nach drei Monaten ‘auferlegten Daheimbleibens’. Inzwischen kenne ich das Meer und den Strand in hundert verschiedenen Stimmungsschattierungen, habe den Frühling als brillanten Farbenrausch aufkommen und wieder vergehen sehen, und obwohl ich nicht das ganze Jahr hier wohnen will: es war so schön.

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Und jetzt wird es also Zeit zur Weiterreise. Da ich nicht weiss, welche Campingplätze (und Grenzen) offen sind, fahre ich morgen auf gut Glück los und hoffe das Beste. Das kommt gut (gefälligst.. 😉).

12 Gedanken zu “Die Fähre fährt. Die Fähre fährt nicht.. Der Campingplatz schliesst aber wirklich.

  1. Avatar von Anita Bollmann Anita Bollmann

    Liebe rose
    Deine erlebnisse sind sehr spannend und ich freue mich jedesmal riesig, von dir zu hören. Du sprachtalent sprichst sicherlich schon fliessend griechisch!? Weisst du denn schon, in welche richtung du weiterziehen wirst? Ich bin sooo froh, dass endlich wieder ein wenig normalität einkehrt .
    Ganz liebe grüsse aus ascona😘

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    1. Sali Anita 😊
      Es freut mich sehr, von dir zu lesen !
      Und dass es dir offenbar gut geht, auch !
      Ja, ein wenig Normalität ist wirklich wieder schön nach dem ‚Leben auf der Insel‘.
      Griechisch hingegen bleibt zäh. Ich kanns schon, bloss verstehen die mich nicht.. 🤪
      Ich glaube, ich fahre noch auf den letzten Peloponnes-Finger, ehe ich nach dem Kanal von Korinth nordwärts halte; ich plane aber nie weiter als bis zum nächsten Platz.. Mal sehen..
      Liebe Grüsse nach Ascona von Gythio 😊👋

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  2. Avatar von Henriette Streuli Henriette Streuli

    Liebe Rösli, wow, das ist hart…passe gut auf dich auf…erst ab 15.06. öffnen die meisten Grenzen….ich denke an dich….
    Uns geht es gut, aber habe gehört Ernesto geht’s nicht so gut….
    Ganz liebe Grüsse aus.Oberrüti!

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    1. Juhu, Henriette 😊
      Oh, das mit Ernesto tut mir leid (da melde ich mich doch gleich einmal); ich bin aber froh, zu hören, dass ihr die Sache gut überstanden habt 👍
      Ich hab‘s noch nicht eilig mit den Grenzüberschreitungen, also wird es wohl doch noch Ende Juni, bis ich das versuche – hoffentlich ist dann nicht schon der nächste Lockdown fällig 😛
      Habt euch Sorg – bis bald und herzliche Grüsse – zum letzten Mal aus Gythio !

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  3. Avatar von Theresa Theresa

    Hallo Rose
    Uiiiiii, das ist keine schöne Info…ich drücke dir die Daumen, dass die nächsten Plätze dafür umso schöner sind! Viel Glück und Freud!

    Knuddl, Theresa

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  4. Avatar von andreas nüesch andreas nüesch

    Hopp Rösli!
    Ojee!, es ist schon hart von so einem beneidenswerten Plätzchen wie du die letzten 3 Monate leben durftest hinter sich zu lassen.
    Aber das Leben geht weiter und hoffentlich auch dein Auto!?(lange Standzeit)
    Ich wünsche dir viel Glück beim Anlauf holen für neue Abendteuer!
    Viele Grüsse aus dem Rheantil!

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    1. Hopp Andi 😊
      Hab Dank für deine Wünsche – sie haben funtioniert !
      Das Abreisen war tatsächlich hart. Aber das Auto ist zum Glück wie ein Örgeli angesprungen, und die Fahrt nach Leonidio über die Berge war schön.
      Wir sind zu zweit auf diesem Platz, der zum meinem Glück offen ist (uffa !). Einziger Makel: ich wurde heute früh wach, weil mich die Sonne leise geköchelt hat..🤪
      Liebe Grüsse an die ganze Familie !

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  5. Hoi Rösli
    Uff, da sind wir aber froh, dass es noch offene Plätze für Nomaden wie dich gibt.
    Wir wünschen dir einfach gute Fahrten und die sichersten und schönsten Orte
    (wie immer) mit den angenehmsten Nachbarn.
    Nun freuen wir uns schon wieder auf neue Berichte.
    Liebe Grüsse aus dem Toggenburg !

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    1. Hopp ha ins Toggenburg ! 😊
      Herzlichen Dank für eure guten Wünsche – ich kann sie alle gut gebrauchen !
      Heute sehe ich mir Leonidio an per Velo, ehe es zu heiss wird dafür..
      Habt es ebenfalls gut, ganz liebe Grüsse 💕

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