Vor der Philosophie noch etwas Kulturgeschichte
‘Kultur’ besteht hierzulande oft aus ein paar Steinhaufen, in welche man sich riesige Burgen und blutige Schlachten hineindenken soll.
Mir fehlt es leider häufig an der nötigen Ergriffenheit, wenn ich zwischen zerfallenen Steinbrocken und ein paar PET-Flaschen stehe und mir ein berittenes Heer und flatternde Waffenröcke vorstelle, die sich gleich auf die drei übrig gebliebenen Säulenscheiben zu meinen Füssen stürzen sollen.

Immerhin ist meine heutige ‘Kultur’ noch gut erkennbar als ein ehemaliger Friedhof. Wir haben uns zu viert durch unwegsames Gelände auf den Hügel gekämpft. Dort liegt der Felsenfriedhof St. Onoufrios aus dem 5. Jahrhundert vor Christus. Die Gebeine der einst in die porösen Felsen Gebetteten sind längst zu Staub zerfallen, und auch von der Einsiedelei aus dem 13. Jahrhundert ist kaum noch etwas auszumachen. Aber die Aussicht übers Land ist schön – und der Spaziergang war es auch.




Nach dem Kultur-Wandern ein Tzatziki in der Bilderbuch-Taverne «Thalassa» (=Meer)

An diesem typisch griechischen ‘Ziegenkäse-Baum’ kamen wir ebenfalls vorbei
Also zurück zur Laien-Philosophie und dem Sinn des Lebens im Alter
Die Frage, die ich meinen ebenfalls pensionierten Nachbar-Campern eine Zeitlang gestellt habe, ist: «Habt ihr nie ein etwas schlechtes Gewissen bei unserer genussbetonten Freiheit ? Nie das leise Gefühl, dass wir noch etwas tun müssten für das Geld, das wir erhalten ? Schon weil es uns gesundheitlich noch so gut geht ? Also etwas leisten für die Menschheit im Allgemeinen oder unser Selbstwertgefühl im Besonderen ?»

Einige meinten, wir hätten schon genug getan, basta ! (überraschenderweise sagten dies nicht etwa die wirklich zufriedenen Zeitgenossen).
Andere fanden, dass wir gar keine Wahl hätten als den uns ‘aufgezwungenen Ruhestand’ zu geniessen («Nehmt ihr noch ein Glas Wein ?»).
Etliche sind aus krankheitsbedingten Gründen unterwegs, weil sie ihre voraussichtlich verkürzte Lebenserwartung noch so lange wie möglich auskosten möchten. Das ist immerhin ein guter Grund (die Tatsache, dass wir ‘anderen’ uns für unsterblich halten, heisst ja leider nicht, dass wir es auch sind – also ein weiterer Punkt für den genussvollen Müssiggang)
Ein philosophisch gestimmter Mitcamper meinte sogar: «Wenn wir unseren Mitmenschen immer freundlich und hilfsbereit begegnen und so deren Leben erhellen, haben wir ja ebenfalls ‘etwas getan’. Und die so Begünstigten werden bestimmt die empfangene Herzlichkeit weitergeben».
Allzu viele Anhänger scheint diese schöne Schneeball-Variante leider noch nicht zu haben, sonst wäre längst alles eitel Friede und Freundlichkeit auf der Welt.

In meinem kleinen Camper habe ich den ‘Haushalt’ in 10 Minuten erledigt;
weder ein unaufgeräumter Keller noch ein überfüllter Kleiderschrank halten mich also künstlich beschäftigt – und sei es auch nur durch tatenloses Schuldgefühl. Wenn ich also noch in einer Wohnung leben würde: würde die Wohnung als solches zu meinem neuen Lebenssinn ?
Ist es möglich, dass die übervolle Agenda von vielen Pensionierten vielleicht doch auch ein wenig Flucht vor dem ‘Nicht-mehr-gebraucht-Werden’ enthält und vor allem dazu dient, sich zu beschäftigen ?

Das Umfrage-Resultat lautet jedenfalls: Jeder kann ja etwas tun, wenn er denn unbedingt will, aber müssen müssen wir auf keinen Fall mehr, auch nicht aus moralischer Sicht. Dieses befreit-Sein von allen Arbeits-Verpflichtungen ist eine Errungenschaft unserer Zeit, die wir einfach annehmen dürfen.
Meine Frage sei deshalb wohl einer inzwischen völlig überholten Weltanschauung entsprungen und dürfe getrost revidiert werden.
Stimmt: früher haben die Alten meistens bis zum Tode weiter gewerkelt, schon deshalb, weil ihnen für andere Hobbies die Zeit – und das nötige Kleingeld – gefehlt hatten.
Also gut ! Geniessen wir die Freiheit und die uns geschenkte Zeit.
DAS ist doch ein Vorsatz !

Voilà: Genuss ! Gemeinsames Moussaka–Essen der Finikounda-Camper bei Anastasia im Restaurant Omega. Ein lauter, lustiger Abend.
Übrigens: mit 15 Euro bist du dabei ! Dafür erhältst du mehrere Vorspeisen, Moussaka, viel Wein, Ouzo und Dessertkuchen. Und zum Abschied gibt’s für jeden noch eine Tasche voller süsser Orangen vom Baum der Wirtin.
Apropos Preise: Ein Essen im Restaurant kostet um 10 Euro herum; einen halben Liter Wein gibt’s für 3 Euro, einen Ouzo für 2.50. Allerfeinstes, kalt gepresstes Olivenöl erhält man für 3.50 den Liter und 500g Brot für 80 Cents.
ABER ! 250g Butter kosten EUR 4.40, und ein 200g-Becher Joghurt EUR 1.50. Deshalb schwimmt hier alles in Olivenöl statt in Butter.. Aber das ist eine ganz andere Geschichte.. 😊

Liebes Rösli!
Schön dass es dir gutgeht, und dir Gedanken machst von wegen schlechtes Gewissen.
Das musst du nicht haben, denn du machst ja etwas für die Menschheit, indem du dein Geld ausgiebst und ihnen ein ein gutes Leben bescherst das sie sonst nicht hätten.
So ist das Alter eine gute Sache, das andere, jüngere die in der Arbeitswelt stehen, Verdienst und Zukunft haben!
Lasst es euch gutgehen und denkt daran, dass ihr Arbeitsplätze erhaltet.
Gruss Andi
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Lieber Andi
Recht hast du ! Arbeitsplätze erhalten ist tatsächlich eine gute Aufgabe ! 😊
Diese Tatsache werde ich in Zukunft nicht mehr als reine Nebenerscheinung ansehen, sondern mich ihr hauptberuflich widmen ! Ha !
Vielen Dank für deine wunderbare Richtigstellung !
Lasst es euch ebenfalls gutgehen und geniesst die bereits längeren Tage !
Herzliche Grüsse, Rösli
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Hallo Rosa,
ich genieße immer wieder deine erfrischend, tiefsinnigen Blogbeiträge und erinnere mich mit Freude an die schöne Zeit in Finikounda.
Herzliche Grüße
Markus
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Lieber Markus
Wie schön, von dir zu hören – und herzlichen Dank ! Es war schön mit euch – ihr fehlt uns !
Heute ist wieder grosser Abreisetag – bald sind Priska, Oski und ich ganz allein hier, wie es aussieht..
Es wird langsam Zeit, ebenfalls ans Weiterziehen zu denken.
Ich wünsche euch eine gute Zeit, allzeit freundliches Reisewetter – und überhaupt alles Gute !
Liebe Grüsse aus der ‚frittierten Brot-Ecke‘
Rosa
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