Lissabon, die Charmante

Eigentlich heisst es ja ‘Lissabon, Stadt der sieben Hügel’, aber da ich gefühlte 25 Hügel erklommen habe, bestätige ich das erst, wenn ich sie durchgezählt habe. Das kann man scheinbar vom Castelo de São Jorge aus, und damit warte ich, bis Jeannine hier ist. Morgen ist es soweit, dann geht etwas 😊

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Ich weiss immerhin bereits, dass die Portugiesen Heldendarstellungen und Statuen lieben ! Überall auf den grossen Plätzen stehen sie auf Säulen und Sockeln oder ‘reiten’ durch Pärke, die einstigen Helden des Landes, und wenn man sie alle besuchen wollte, wäre das ein ziemliches Unterfangen.

Obwohl das theoretisch möglich wäre, ist es nicht so, dass ich pausenlos Dinge besichtige oder lokal unterwegs bin; ich bin ja nicht auf einem Citytrip von drei Tagen. Oft ‘wohne’ ich einfach und drifte durch die Tage mit Lesen, Herumsitzen, Waschen oder Haushalten wie ihr alle auch (wobei ich beim Punkt ‘haushalten’  einfach viel eher fertig bin als ihr.. ähem..).
Seltsamerweise sind öfter ältere Leute unterwegs, die ein strammes Programm verfolgen und alles gesehen haben wollen in zwei, drei Tagen. Ich frage mich dann (flüchtig), warum die das so machen, wenn sie es auch anders haben könnten, aber ‘Schaggöng à Song Gu’, wie schon die alten Eidgenossen zu sagen pflegten (oder waren das gar nicht die Eidgenossen ? Egal. Gilt !).

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Unsere Räubergeschichte von Sintra hat übrigens keine nachhaltigen Seelenschmetter verursacht, wie man sieht: Dominique hat ein meisterliches Sonntags-Dîner aufgetischt mit Polenta und Coteletes vom schwarzen Schwein, serviert mit Zwiebel-Rüebligemüse und grillierten Champignons, und wir haben einen schönen Abschieds-Sonntagabend verbracht miteinander, ehe sie am Montag weitergezogen sind.

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Lissabon: das historische Stadtzentrum ist grösser als in vielen der Städte, die ich inzwischen besucht habe. Ich habe deshalb nach drei Besuchen noch recht wenig gesehen. Was ich gesehen habe, ist aber wirklich charmant, von den Menschen über die typisch portugiesische Handwerkskunst bis hin zu den Gässchen, Läden und kleinen Restaurants. Und die Stadt-Plätze sind eindrücklich grosszügig angelegt.

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Eine Spur Fado. Diese wunderbar schwermütigen Lieder kann man überall hören – nur live hatte ich noch nicht das Vergnügen. Mal sehen.. Auch hier: Graffiti allüberall – diese werden hier nachgerade zelebriert – und sind oft sehr fantasievoll und schön.

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Diese fröhliche US-Amerikanerin ist mit einem Südamerikaner verheiratet und lebt seit Jahren in Portugal.
Aus diesem winzigen Lokal in Strassenhöhe verkauft sie (bzw normalerweise ihr Mann) allerfeinste Empanadas, die täglich frisch zubereitet werden. Eine Entdeckung !

Sie hat mir erzählt, dass Portugal momentan eine hohe Zuwanderung von Franzosen erlebt, welche Häuser in der Stadt aufkaufen und sie renovieren. Es scheint, dass ein neues Gesetz ihnen die Steuern erlässt für eine ganze Weile, wenn sie auswandern. Das so gesparte Geld legen sie dann in Renovationen an.
Camper lassen sich oft aus über die Unfreundlichkeit der Franzosen in Frankreich, aber die Amerikanerin meinte, dass Lissabon noch vor zehn Jahren ganze Strassenzüge mit halbverfallenen alten Häusern hatte und inzwischen viele davon richtige Schmuckstücke geworden seien.

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Prunk und Macht, hier beim Praça do Comercio

Das Entdeckerdenkmal (Padrão dos Descobrimentos)

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Mit diesem Denkmal aus dem Jahr 1960 (noch durch das Salazar Regime) werden Entdecker und Seefahrer geehrt – und die Könige, die deren Neugierte teilten und die Reisen finanzierten. Auch einige Maler, Chronisten und Autoren sind darunter. 33 überlebensgrosse Statuen stehen auf dem stilisierten Schiff, das aufs Wasser hinausdrängt. Als prominenteste Figur steht am Bug Prinz Henrique oder ‘Heinrich, der Seefahrer’; er trägt ein Schiff in den Händen, eine ‘Karavelle’, typischer Dreimaster, wie sie für Entdeckungsfahrten vom 14. bis 16. Jahrhundert gebaut wurden.
Vasco da Gama, Magellan oder Pedro Álvares Cabral sind einige der Seefahrer, die Prinz Henriques Ideen über die Meere trugen und hier verewigt sind.

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Diese Windrose mit 50 Metern Durchmesser sehen grosse Leute von ganz oben auf dem Entdecker-Denkmal. Die Balkonbrüstung ist allerdings so hoch, dass für unsereins Schemel bereitstehen müssten – ich habe das Bild jedenfalls ‘blind’ gemacht..
Auf der Weltkarte in der Mitte sind die Hauptreisen der portugiesischen Entdecker eingezeichnet.

Torre de Belém

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Diese schöne Festung in der Hafeneinfahrt Lissabons am Tejo wurde 1521 erbaut.
Wenn nicht gerade die Sonne dahintersteht, ist sie übrigens weiss.. 😊

Bacalhau

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Ich weiss nicht, warum ein Volk, das am Meer wohnt und frischen Fisch essen könnte, es vorzieht, getrockneten Kabeljau aus Norwegen nächtelang in Wasser einzuweichen, damit er überhaupt erst geniessbar wird. Es ist ja nicht so, als ob es in Portugal noch immer keine Kühlschränke gäbe. Wahrscheinlich die pure Tradition..

Immerhin verstehen sie es, den Fisch zuzubereiten. Eine der Spezialitäten sind die Pasteis de Bacalhau. In diesem Casa Portuguesa ist das Standard-Menü, das in einer Art neckischer Malerpalette serviert wird, ein fritierte ‘Fischkugel’ mit flüssigem Käsekern in der Form einer grossen Kartoffel, und dazu gibts ein Gläschen Madeira. Die zwei passen hervorragend zusammen, und dass dieser Fisch mit Käse so gut schmeckt, hat mich angenehm überrascht.

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Benfica – das Stadion

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Also gut, ich mache noch ein schöneres Foto davon bei Gelegenheit (dieses hier ist vom Shopping Center Columbo aus. Man muss halt Prioritäten haben..
Habt ihr gewusst, dass vor einem Spiel mit Benfica ein Adler eine Runde dreht im Stadion ? Das hat mir die Vodafone Prepaid-Verkäuferin voller Stolz erzählt und gleich ein Filmchen gezeigt. Ich weiss das nun. Und nein, ich wundere mich überhaupt nicht, wenn ihr das bereits wusstet… 😊

Das Geheimnis der Pasteis de Nata

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Ich habe mich immer mal wieder gefragt, wie es ein eigentlich einfaches Rahm-Mini-Tartelette geschafft hat, so berühmt zu werden wie das Pastel de Nata (Bild: Pastel einmal von oben, einmal von unten).

Nun weiss ich, dass es zwei Gründe gibt dafür. Zweitens: das Marketing. Wenn etwas so berühmt ist, dass die Leute eine halbe Stunde anstehen für ein lapidares Rahmtörtchen (täglich zu beobachten in Belém), dann hat man etwas richtig richtig gemacht in der Vermarktung.
Bei einer Kirche wiederum soll man sogar ein Pastel de Nata essen und den Heiligen Antonio um ein Wunder bitten.. Das Bitten ginge theoretisch auch bei einem Glas Wasser, aber bitte schön.

Der erste und wichtigere Grund ist die Art, wie der Teig verwendet wird !
Die Herstellung des tourierten Blätterteigs ist traditionell wie bei uns. Aber danach wird der Teig zu einer Schnecke gerollt; der Rollendurchmesser muss dabei über jenem der Form liegen. Nach gründlicher Kühlung werden von dieser Rolle nun Scheiben geschnitten (vielleicht 7 mm dick ?).
Diese legt man auf das Förmchen, und nun wird die Mitte der Scheibe nach unten in die Form gedrückt, und die Randschichten, die nun senkrecht stehen, gehen beim Backen auf wie eine Rosenblüte (die mitgebackene Creme ist ja wiederum eine ziemlich klassische Version von unserem Nidlewähenguss).

Das Pastel auf dem Bild oben ist ein berühmtes aus Belém; das sagt zumindest der Wirt hier. Es ist aber nicht so schön, wie es sein müsste. Immerhin erahnt man beim Bild von unten die Schneckenform des Teiges.

Ich könnte mir gut vorstellen, dass auch unsere Mini-Wähen Furore machen würden (auch Früchte-Varianten davon), wenn sie so gebacken würden. Sobald ich wieder einen richtigen Backofen habe, werde ich das auf jeden Fall einmal versuchen.

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Zum Schluss ein origineller Brauch: Diese Leute sitzen in der Bücher- und Zeitschriftenabteilung eines grossen Warenhauses und bedienen sich so selbstverständlich an den Zeitungen- und Heftständern, als ob sie sie gekauft hätten. Den Herrn rechts vorne habe ich tatsächlich gesehen, als er die Zeitung am Ende seiner Lektüre fein säuberlich zurück ins Regal gesteckt hat.. Offenbar ist das so gewollt, sonst stünden ja keine Bänke dort. Ist das nett !

2 Gedanken zu “Lissabon, die Charmante

  1. Avatar von Henriette Streuli Henriette Streuli

    Liebe Rösli, danke für den ausführlichen Bericht und die schönen Bilder! Sehr eindrücklich!
    In Oberrüti ist alles klar….jäte seit Tagen im Garten und habe Sommerblumen gesät, Christian ist am Stall misten wie ein Weltmeister! Am Wochenende liegen wir Beide wahrscheinlich wie tote Fliegen herum mit gigantische Muskelkater, hahahaha!
    Lasse es dir gut gehen und passe gut auf dich auf!
    Ganz liebe Grüsse aus Oberrüti und alles Liebe!

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