
Ich habe kürzlich den folgenden Artikel gelesen und finde, dass der Autor den Nagel auf den Kopf getroffen hat.
‘Der französische Schriftsteller Michel Houellebecq beschreibt eine Szene, die einem bekannt vorkommen mag: Sein Protagonist bekommt, kurz bevor er alleine losfahren wird, eine Heidenangst: „Ein unendlicher Widerwille vor der Reise und ein Bedürfnis, still sitzen zu bleiben, brachen sich immer beharrlicher Bahn.“
Ja (so der Autor), Reisen kann einen aus der Fassung bringen, vor allem, wenn man alleine unterwegs ist. Es ist beinahe unmöglich, dieses Gefühl des Widerwillens von der Vorfreude zu trennen, die damit einhergeht, dass man etwas Neues und Unbekanntes wagt und die ureigene Neugier befriedigt.
Houellebecq weiter: „Als Alleinreisender erweckt man zunächst Misstrauen…erst nach und nach gewöhnen sich die Menschen an einen und kommen zum Schluss, dass sie es letztlich halt doch nur mit einem prinzipiell harmlosen Eigenbrötler zu tun haben.“
An dieser Stelle spricht er vielleicht vom Spotlight-Effekt – der Vorstellung, dass andere Menschen einem viel mehr Aufmerksamkeit widmen, als dies tatsächlich der Fall ist, und der Annahme, dass die ‘Beobachter’ negative Schlussfolgerungen aus den eigenen Handlungen ziehen.
Forschungen haben gezeigt, dass das Gehemmtsein durch den Spotlight-Effekt grösser ist, wenn man alleine ist, was zur Folge hat, dass Menschen Unternehmungen, die ihnen eigentlich Spass machen würden, meiden. Das ist also das Erste, was ein Alleinreisender hinter sich lassen muss.’
Soviel zum Artikel. Recht hat er !
Dieser Spotlight-Effekte ist wahrscheinlich auch verantwortlich dafür, dass so viele Leute nie alleine in einem Restaurant essen würden. Ich selber habe zum Glück eine wirklich einfache Wahl: entweder setze ich mich in ein Restaurant und esse (meistens) feine, lokale Gerichte, trinke dazu ein Glas Wein und rede mit den Leuten (oder auch nicht) – oder ich koche mir etwas im Auto und habe danach ein Becken voller Geschirr zum Abwaschen..
Ich geniesse es inzwischen, im Restaurant zu sitzen – und habe auch keine Scheu davor, die anderen Gäste ganz direkt anzuschauen (eine Art umgekehrter Spotlight-Effekt..) Natürlich koche ich auch im Auto, aber ein grosser Teil einer Landeskultur spiegelt sich in deren Cuisine, und da ich so ziemlich alles – zumindest ein Mal – kosten möchte… 😊 Auf dem letzten Platz war dies zum Beispiel der Arroz Gabidela, ein Eintopf aus Reis, Pouletstücken und Pouletblut. Es schmeckte sehr gut, obwohl ich es selber eher nicht nachkochen möchte.
Was ich oft esse, sind die einfach himmlischen Pasteis de Nata, diese kleinen Küchlein mit einem Guss aus Rahm und Zucker auf zartknusprigem Butterblätterteigboden. Es gibt sie überall, und sie passen zum Frühstück ebenso wie als Bettmümpfeli – und für jeden Zeitpunkt dazwischen…

Melides, 140km vor Lissabon: Ich stehe einmal mehr ganz allein auf einem typisch portugiesischen Campingplatz, dessen Riesengelände beinahe vollständig in den Händen von kleinen Parzellenbesitzern ist; hier sind es hauptsächlich Leute aus Lissabon. Sie stellen ihren Wohnwagen oder Bungalow darauf für Wochenenden und Ferien – und treiben den Unterhalt ihrer Parzelle entweder auf die Spitze oder vernachlässigen ihn beinahe total. Vorne bei der Reception gibt es gerade mal 10 Plätze für ‘Fahrende’ wie mich… 😊 (à €8.25 die Nacht).
Ich weiss inzwischen, dass es auch Camping-Geisterstädte gibt. Dies ist eine davon. Dennoch wird auch auf diesem Platz das von Houllebecq beschriebene Gefühl hochkommen, wenn ich morgen abreise: Hier ist mein Platz, da die Reception und dort das Restaurant, ich bin hier daheim. Und dieses Daheim tausche ich jedes Mal ein gegen die Unsicherheit eines neuen Platzes, der vielleicht geschlossen ist, den es gar nicht mehr gibt – oder der mir ganz und gar nicht gefällt. Dass ich jeweils trotzdem abreise, hat schlicht mit Neugierde zu tun – und damit, dass ich das hier gesehen habe.
Oder, wie Paul es treffend ausdrückte: ich bin im ‘Reise-Groove’ angekommen.
Als Kurzzeit-Gast bin ich automatisch interessant für die paar Leute, die momentan einzeln und verstreut auf diesem riesigen Gelände wohnen oder vom Dorf ins Camping-Restaurant kommen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass jeweils alle wissen, wer ich bin und wo ich stehe. Da gewöhnt man sich die Scheu rasch ab, denn es nützt alles nix: im Restaurant der Einheimischen werde ich begutachtet und besprochen – und wohl als harmlose Eigenbrötlerin erkannt. Ich habe gelernt, ihnen dafür die nötige Zeit zu gewähren, indem ich an meinem Glas Wein nippe und Mails lese, bis sie mich ‘erledigt’ haben. Dann schaue ich sie mir an !
Aber zurück zum Überwinden des Spotlight-Effekts: Nach ein paar Solo-Nachtessen im Restaurant (bei dem man vorher und nachher ein wenig lesen kann, um sich sachte daran zu gewöhnen), bietet sich ein Ausflug an.
Eigentlich interessiert es niemanden so richtig, warum du allein auf dem Säntis stehst. Hauptsache, du stehst da und fühlst dich beglückt und bereichert durch eine schöne Reise und eine traumhafte Aussicht – und üppig belohnt dafür, dass du dich getraut hast.
Also los – und viel Spass ! 😊

Juhuuuuu!!! Pasteis de nata, ich chönt sie au de ganz Tag esse, zum Zmorge, Znüni, Zmittag, Zvieri und Dessert nachm Znacht. Freumi scho mega druf!!
Schad macht La Tasca de Cesco erst am Abend uf, aber hey für 8 EUR sones reichliches Essen und denno 2.5dl vinho nüme nüt. Bis bald!!! Jeannine
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Unverschämter Preis 😲 – da verlumpisch ja uf de Stell!
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Ja, das befürchti scho au immer echli.. 😊
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