‚Sieben Mal Nichts‘

‚Setenil de las Bodegas‘ ist ein kleines Dorf in Andalusien an der Ruta de los Pueblos Blancos (Route der weissen Dörfer), aber es ist gar nicht so einfach, dort hinzukommen..

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Mein Navi wollte mich unbedingt durch halb Andalusien jagen, damit ich seine  Autobahn benutze, weshalb ich nach 10 Kilometern ab Ronda eigentlich immer noch um dieselben Kreisel fuhr wie zu Beginn. Das war sooo peinlich, denn ein Wanderer, an dem ich dreimal vorbei kam, hat mir beim letzten Mal ziemlich lange nachgesehen. Da ich nicht wusste, ob ich nicht vielleicht nochmals kommen würde, habe ich mir jeden saloppen Kommentar aus dem Fenster verkniffen….

Ehrlich: der Navi-Sprecher Stephan wirkte regelrecht genervt, als er mir zum vierten Mal sagte: «Nehmen sie die sechste Ausfahrt (gopferteli !).» Da habe ich doch glatt mein geographisches Bauchgefühl aktiviert, den Stephan gelöscht und bin beherzt auf die A369 gefahren. Nach fünf Minuten am steilen Hang gab ich meinen leisen Zweifeln nach und habe vor einem Restaurant einen einheimischen Bierlieferanten in meinem astreinen Spanisch gefragt, wo es langgeht nach Setenil: „Ähm… a donde tengo que – ähm – ir para – Dings – llegar a Setenil, hä ?“ Dann hat er drei Minuten lang noch viel astreineres Spanisch gesprochen, und schon habe ich es kapiert: 180° drehen und die andere Richtung versuchen. Das erstaunte mich nun schon etwas, denn mein Bauchgefühl hatte ganz deutlich.. (aber lassen wir das..).

Kleines ‚Pausenzeichen‘: Orangenbäumchen werden hier gerne als Promenadebepflanzung benutzt; darunter liegen öfter mal dicke, runde Früchte – und die sind zuckersüss !

4_Setenil Orangen

Unterwegs kam ich in einem kleinen Dorf an eine Vergabelung, an der die Strassen gerade mal knapp autobreit sind, und ich hatte die Wahl, die sehr schmale Strasse  geradeaus durch die immer enger stehenden Häuser zu nehmen oder die 5 cm breitere links um die Kurve herum, aus der von unten gerade eine ganze Reihe Autos kamen.

Ich gab auf der Stelle Forfait, blieb im Spickel stehen, zog die Handbremse an und wiederholte meine Frage (die von oben mit den ‘ähms’) beim jungen Stau-Kameraden mit Freundin gleich hinter mir  (dahinter standen bereits mindestens weitere zehn Wagen..). „No hay problema“, sagte er, wir fahren auch gerade nach Setenil – folge uns ! Na dann: muchas gracias ! (wir nahmen prompt die linke Strasse; ich wäre also für immer und ewig in der rechten Gasse steckengeblieben).

Und dann schossen wir mit 80 Stundenkilometern durch die 60er- und 40er-Zonen und ich hob mehrfach ab; es schepperte gewaltig im Hintergrund, die Strassenkarten auf dem Nebensitz ergossen sich samt Tissues und Handy unter das Armaturenbrett, die WC-Türe flog auf und meine Zahnpasta knallte an die Kühlschranktüre.

Und kurz danach hielt der junge Mann mitten in einem Kreisel an und winkte mir freundlich zu: „Da lang, schönen Tag noch“.
Gracias, Amigo. Na also ! Setenil. Problemlos..😊

Warum man Setenil gesehen haben muss – notfalls unter Einsatz seiner Zahnpasta:
Der Name Setenil ist lateinischen Ursprungs und bedeutet Sieben Mal Nichts (septem nihil). Während der Rückeroberung des Landes von den Mauren war die Gegend um Setenil nämlich gut 200 Jahre lang das Grenzgebiet zwischen den islamischen Mauren und den Christen, und erst nach dem siebten Anlauf fiel im Jahr 1485 auch dieser Ort zurück an die katholischen Könige.

Setenil_Pueblo Blanco

Vor allem im Ortskern wurden viele der Häuser in die Felswände hineingebaut, die einst der Fluss Guadalporcún unterhöhlt hatte. Die überhängenden Felsen dienen dabei oft als Hausdächer.

Also mir hat der Felsüberhang überhaupt nichts ausgemacht, als ich darunter meinen Kaffee trank. Ich bin eigentlich immer fertig damit nach knapp anderthalb Minuten.. 😊4_Setenil1.JPG

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Nach einem Spaziergang durch den (nach oben luftigeren) hübschen Rest des Dorfes machte ich mich auf die Weiterreise – dieses Mal mit Navi-Stephan, der (gewitzigt) einen ganz normalen Weg vorschlug durch eine sehr reizvolle Landschaft.

Das war das Andalusien, wie ich es mir vorgestellt hatte: sanfte Hügel und satte Felder und Wiesen in allen Grüntönen, Olivenhaine in strammen Reihen oder wellenförmig rund um einem Hügel angelegt, schroffe Felsen, die jedem Western gut anstünden, romantische Seen und Wälder. Wunderschön.

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Und nun bin ich in Granada. Falsch. Ich war in Granada, aber mein Mitten-in-der-Stadt – Campingplatz ist geschlossen wegen Renovation. Und deshalb bin ich in La Zubia auf dem Platz ‚Reina Isabel‘, kurz vor Granada, und das ist auch recht.

4 Gedanken zu “‚Sieben Mal Nichts‘

  1. Avatar von Erica Lauener Erica Lauener

    Was für ein Abenteuer!!!
    Und was Du Alles siehst und erlebst. Von wo hast Du die Info, solche Dörfer anzufahren?
    Ich hoffe das Wetter hat sich nun wieder beruhigt!
    Freue mich immer auf Deinen neuen Blog. Wir machen ja auch wenn es nur auf dem Sofa ist, Deine spannenden Ausflüge mit.
    Herzliche Grüsse
    😙😙😙🤗

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    1. Ja du, es bleibt spannend ! Die meisten Tipps kommen von anderen Campern. Aber die möchten am liebsten alle, dass man jeeeeden Flecken besichtigt, den sie je besucht haben.. Meistens nicke ich deshalb freundlich und lasse es dann gut sein – aber manchmal sticht mich der Gwunder – wie bei Setenil. Heute scheint die Sonne, aber ich habe meine Alhambra-Besichtigung erst morgen… He nu, wir sehen es ja dann… Es chunnt scho, wie’s muess.
      Bis nächstes Mal, liebe Grüsse ! 🙂

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  2. Avatar von Barbara Barbara

    So es Felsli überem Chopf cha scho echli e erdrückendi Stimmig ufcho laa.
    Vermutlich hätte ich beim gemütlich Kaffee trinken auch ziemlich Gas gegeben…

    Sei umärmelt.

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