Das einfache Leben

Wie man ‘einfach lebt’ ? Och, ganz einfach:

Wenn ich zum Beispiel etwas nicht wegräume, ist die Ordnung der ‘ganzen Wohnung’ im Eimer.

Wenn ich mein Natel oder den kleinen Staubsauger aufladen möchte, muss ich entscheiden, ob ich die Elektroheizung oder den Computer von einem meiner zwei Elektroanschlüsse ausstecken soll (na ja, immerhin habe ich Strom).

Wir vom einfachen Leben gehen im Pyjama die 40 Meter (es können auch 200 sein) zu den Waschanlagen und duschen in teilweise ungeheizten, leicht schmuddeligen Räumen, am besten in Plastikschuhen, um keinen Fusspilz einzufangen. Da gibts auch keine Body Lotions und Shampoos für die Gäste. Genauer gesagt gibts gar nichts, oft nicht einmal Toilettenpapier. Das erste Mal bemerkt man dies eher etwas spät – danach geht man prinzipiell nicht mehr weg ohne Kleenex in der Jackentasche..

Man geht zu den Geschirrwaschtrögen wie einst an den Dorfbrunnen mit seinem Becken voller schmutzigem Geschirr und schäumt vor sich hin mit oft kaltem Wasser – und danach wird abgetrocket mit einem Geschirrtuch, das eigentlich gewaschen werden müsste, wenn nicht die einzige Waschmaschine auf dem Platz ‘fuero de servicio’ wäre’ (auf dem kleinen Platz hier ist das der Fall, auf grossen Plätzen gibts ganze Waschmaschinen-Zeilen).

Wenn das WC im Camper voll ist, spaziert man mit der WC-Kassette an den Nachbarn vorbei, um sie an der Dumping-Station zu entleeren, und niemand denkt auch nur ‘wäääck’. Na ja, ich schon, aber das vergeht mir auch noch. Es ist andrerseits auch nicht so schlimm, wie es tönt – Inhalt und Duft sind nämlich ziemlich chemieblau, und für die grösseren Dinge geht man auf die Camping-Toiletten, die wirklich ganz ok sind.

Das einfache Leben demonstrieren auch diverse Langzeitmieter-Parzellen, die schauderhaft aussehen, da auf gewissen Plätzen scheinbar keinerlei Regeln gelten. Da hängt auch bei Abwesenheit der Bewohner gräuliche Wäsche unter dem selbst gebastelten Wellblechdach, Satellitenschüsseln rosten vor sich hin, ausrangierte Stühle türmen sich hinter den mit Moos bewachsenen Wohnmobilen und zerrissene Blachen im Wind machen den verwahrlosten Eindruck komplett.

Es gibt auch Leute, die prinzipiell ihren ganzen Platz zubauen mit Vorzelten, in denen es abends aussieht, als sei der Inhalt einzeln in Cellophan gewickelt worden. Dann wird die taghell leuchtende Gaslaterne auf den Plastiktisch neben den Fernseher gestellt – und fertig ist die Operationssaal-Idylle. Wenn man eher zu Kerzen und Tischtüchern tendiert, ist dies  – ähm – zumindest gewöhnungsbedürftig.
Letzteres sind zugegebenermassen eher Stilfragen als solche nach der einfachen Lebensart. Da ich diese Dinge aber erst zu sehen bekomme als Folge meiner geänderten Lebensart, werfe ich sie halt gnadenlos in denselben Topf.

Seitdem ich aber mehr oder weniger begriffen habe, wie das mit der Einfachheit funktioniert, erfreue ich mich (auf der Plus-Seite) tatsächlich an den kleinen Dingen:
Tapas.JPG
Wenn ich von den ästhetischen Beleidigungen in der Nachbarschaft absehe, finde ich es richtig gemütlich auf den Campingplätzen. Ich fühle mich sicher, wähle meinen Platz nach einigen Fehlern (vor allem Schräglagen..) gut aus und bin eigentlich immer gleich daheim. Ich geniesse allerdings auch den ‘Winter-Vorteil’ und wage mir nicht vorzustellen, wie es im Frühling und Sommer hier aussieht.

Meine Übernachtungskosten (also sozusagen der Mietzins) kommen mich nach einem Monat auf 539.29 Euro zu stehen inklusive die einstige Nacht im Hotel von Lully. Etwas teurer ist das Reisen selber, und mein Verbrauch an Mineralwasser in 1.5L-Flaschen ist recht eindrücklich, allerdings nicht sehr kostenintensiv à 19.44 Cents der Liter. Ich benutze es zum Kochen und abendlichen Zähneputzen, und hin und wieder trinke ich sogar davon… 🙂

Ich habe inzwischen gelernt, wie man duscht mit immer einer Hand auf dem Wasserknopf in den Anlagen, bei denen das Wasser nach 20 Sekunden abstellt. Ausserdem kann ich meine Jeans auch in der nassen Dusche anziehen, ohne dass die Hosensäume feucht werden ! Beeindruckend, nicht wahr ?

Die beiden Ikea Picknickstühlchen bewähren sich als handliche Trittschemel, wenn sich zum Beispiel der Deckel der Pfeffermühle wieder einmal gelöst hat auf der Fahrt und im Oberschränkchen überall schwarze Körnchen herumkullern.
Ich hoffe ja vorsichtig, dass ich es damit auch schaffen werde, das eBike für die Weiterreise wieder auf den (für mich zu hohen) Veloständer zu hieven.. das Velo ist allerdings schwer, und die Stühlchen bestehen  lediglich aus weicher Tanne und etwas Spucke, wenn mich nicht alles täuscht. Wir werden sehen..

Und schliesslich: der Campingplatz ist zwar meine Basis, aber ich bin eher unterwegs als hier. Und gleich neben dem Platz beginnt das fremde, schöne Land, das ich erkunden darf, denn eines ist sicher: das hier ist ein Egotrip sondergleichen – ich lasse mich treiben nach ausschliesslich meinem eigenen Gusto, und mir ist sehr bewusst, wie herrlich das allein schon ist – und dass es wohl nicht für alle Zeiten so bleiben kann.

Ich habe an Silvester diesen sinnigen Spruch erhalten, der mir gut gefällt:
Schliesse ab mit dem, was war.
Sei glücklich über das, was ist.
Bleibe offen für das, was kommt.
Das Leben ist schön.
Von einfach war nie die Rede.

Das hat etwas, nicht wahr ? Und davon ist wohl auch das ‘simple Leben’ nicht ausgenommen.

My home is my castle – inzwischen ist mein Äuteli tatsächlich meine Insel und mein Heimkommen geworden, wo immer es steht. Möge es noch lange dort stehen, wenn ich zurückkomme… 🙂

 

12 Gedanken zu “Das einfache Leben

  1. Avatar von Philippe Philippe

    Liebe Rose, immer wieder schön von Dir zu lesen! Grosse Weltklasse! Es riecht fast schon etwas nach einem Aussteiger-Leben. Besonders die Shrimps, der Chorizo und das Gläschen Weisswein haben meinen Magen knurren lassen… und hier..? Chrampfe wie es Ross und früüre wie en Hund – so wird das Januarloch hoffentlich bald überbrückt sein. Am kommenden Freitag ist der Altjahresausklang und Neujahrempfang der Weinfreunde. Du wirst uns fehlen. Machs guet, bis bald und liebe Grüsse!

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    1. Lieber Philippe
      Ganz herzlichen Dank für deine Nachricht.
      Weisst du, eigentlich wollte ich gar keine Aussteigerin sein, bloss zur Abwechslung ein wenig fort… Da sieht man mal, wie schnell so etwas passieren kann, oder ?
      So oder so habe ich mich ganz rasch an die Tapas und den Vino gewöhnt… (zum Glück haben wir das mit dem Vino geübt, da kann einen so schnell nichts erschrecken 🙂
      Ich wünsche euch schon jetzt ein fröhliches Neujahrs-Essen ! Ich werde an euch denken – und euch ultimativ vermissen ! Herzliche Grüsse und bis nächstes Mal.

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  2. Avatar von Elisabeth u.Sepp Scherrer Elisabeth u.Sepp Scherrer

    Hopp Rösli
    Auch wir wünschen Dir ein gutes neues Jahr
    und viel Freude und Erfolg.
    Danke dass wir an deiner Reise teilhaben dürfen
    glG Elisabeth u.Sepp

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    1. Hopp ha ! Und danke für eure Wünsche ! Gelten umgekehrt auch, gälled !
      Happy Birthday, Sepp !!!! (jaja, ein kleiiines Bisschen zu spät, aber herzlich.. 🙂
      Und an Elisabeth: deine Bodenlappen sind GENAU RICHTIG für die staubigen Untergründe hier ! Danke schön !
      Bis bald wieder – herzliche Grüsse !

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  3. Avatar von Corinne Corinne

    Liebi Rose, um deine viiiiele Zeit beneide ich dich gerade schaurig. Heute Montag fängt offiziell mein neues Arbeitsjahr an und wirklich geändert hat sich nix. Ausser dass ich morgen 2 Büros weiterziehe und einen neuen Zimmergenossen erhalte, ein ganz feiner. Ah halt, es ändert sich also doch was 😊 Bald wirst auch du deine Tagesabläufe rasch intus haben. Deine Berichte über das Camping kommen mir sehr vertraut vor und weckt in mir die Jungschar Nostalgie. Bin sicher, du sprichst nicht nur rasch super mega gut toll spanisch, sondern siehst bald auch aus wie rassige Latina. Olé. Hasta luego querida Rosa y que te vaya muy bien😁

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    1. Liebe Corinne
      Mir deucht, das Arbeitsleben im Allgemeinen ist auch nicht mehr, was es mal war, oder ? Ich vermute, dass wir zuviel da hinein stecken und zu wenig in die pure Freude an etwas anderem. Nun ja, ich habs auch so gemacht, aber inzwischen sehe ich, dass es auch andere Lebensmodelle gibt…

      Ich habe herzhaft gelacht über deinen Jungschar-Vergleich. Das – und auch Philippes Aussteiger-Verdacht – hat wahrscheinlich etwas (kicher, wer hätte das gedacht). Dabei wollte ich nur ein wenig ‚anders‘, und das ist es halt nun wirklich..

      Spanisch ? Ich kann zwar „A qué hora nos encontramos?“, aber nicht: „Ist es ok, wenn ich Ihnen durch den frisch aufgenommenen Boden tschalpe?“. Und gestern beim Coiffeur habe ich gesagt: „Tiene tiempo para mí ?“ Dann konnte ich noch ‚cortar‘ und ‚corto‘. Der Rest war dem Künstler überlassen… Ich habe nun einen höchst praktischen Kurzhaarschnitt, der in 5 Minuten trocknet – zum Glück sieht mich niemand… 🙂

      Verstehen tue ich aber schon einiges – für deine Wünsche deshalb ein herzliches muchas gracias !

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  4. Avatar von Erica Lauener Erica Lauener

    Gueten Tag Rose
    Bin in der Pause❗❗🥗
    Habe den ganzen Morgen meine Wohnung auf vorderman gebracht. Deine geerbten Putzmittel putzen gut.
    Bin fast einbisschen Neidisch. Würde so gerne anstatt putzen auch am Meer sitzen ein Glas Wein drinken oder auch zwei.
    Wünsche Dir noch viele spannende Tage
    Herzlichi Grüess
    Erica

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    1. Liebe Erica
      Es freut mich sehr, von dir zu hören !
      Wir trinken den Wein dann noch zusammen, Ehrensache !

      Heute war ich auch nicht am Meer, sondern habe stattdessen lange geschlafen (es ist noch dunkel hier um 8 Uhr !), gemütlich Kaffee getrunken, länglich geduscht und drei Wörter spanisch gelernt (trinken, essen und jetzt / beber, comer, ahora) und danach wieder einmal umgeräumt, weil ich langsam herausfinde, was erreichbar sein muss und was verräumt werden kann.. Morgen ist es wieder anders….

      Dann habe ich eine Stunde lang mit dem Velo gekämpft, bis ich es auf dem Träger hatte, denn morgen möchte ich weiterziehen. Hier kenne ich bereits die Bus-Chauffeure nach Valencia – und die Fahrpläne hin und zurück…
      In diesem Sinn bis nächstes Mal – liebe Grüsse und heb dir Sorg ! Rose

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  5. Avatar von Andreas Nüesch Andreas Nüesch

    Hopp Rösli!!

    Super, dini Komendtär wo mer all Tag dörid vo der erleba. Sogär di amerikanisch Gschicht wörd no intressant. Mer wünschid der witerhin so a gfreuti Reis und bis zum nächte Mol!
    Nüeschlis vom Riet

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    1. Hopp Nüeschlis vom Riet – schöa, vor eu zläsa.
      Gäll, Gschicht isch anad na intressant, wemmasi i kline Häppli gnüsst ! 🙂
      Gilt – bis bald (i mos us barer Kogalöasi – und Freud – na ekli länger…)

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