Das Matterhorn von Zermatt aus zu sehen war seit Jahren einer der wenigen Punkte auf meiner ‘Bucket List’ (also der Wunschliste, die ich vor der ‘Löffel-Abgabe’ noch erleben möchte 😊).

Wir Camper werden in der Regel nicht an unserer besonders schicken Garderobe erkannt. Als Andy deshalb zu einer Reise nach St. Moritz und Zermatt einlud, war ich zwar begeistert, geriet aber auch etwas unter Druck angesichts der Destinationen. Dann aber stellte ich mich tapfer der Herausforderung und grub alle relativ feinen Einzelteile aus den Tiefen meines Wohnmobil-Kleiderlagers.
Rückblickend darf ich feststellen, dass ich so ziemlich durchgehend unpassend angezogen war:
in St. Moritz und Zermatt (dafür war meine schönere Kleidung eigentlich gedacht) speisten wir nämlich in rustikalen Restaurants, wo Jeans und Pulli bestens passten.
Für die Acht-Stunden-Zugfahrt von St. Moritz nach Zermatt hingegen wählte ich möglichst bequeme Jeans und einen schlabbrigen Cashmere-Pulli. Ich plante halt lediglich für eine lange Zugfahrt…

Das hingegen war eben nicht einfach EINE Zugfahrt, es war DIE Fahrt in DEM Luxus-Zug GLACIER EXPRESS in dessen bester Klasse EXCELLENCE !
DAFÜR hätte ich mich herausputzen müssen ! Wir sassen nämlich acht Stunden lang in super-bequemen, ausladenden Ledersesseln in einem rollenden Luxus-Restaurant mit riesigen Panoramafenstern – und wir wurden nach Strich und Faden verwöhnt…😊…..
Genossen habe ich das Abenteuer allerdings trotzdem – und wie !
Nun aber der Reihe nach von Augwil nach St.Moritz und Zermatt und zurück

Am ersten Morgen ging es zeitig los mit dem Postauto, dann mit der SBB. Begleitet von Traumwetter und weissen Wölkchen fuhren wir durch die Schweiz, die uns in buntesten Bildern präsentiert wurde. Meine Güte, wie ist unser Land schön !







In St. Moritz stiegen wir im Kempinski Grand Hotel des Bains ab – eine feudale Überraschung. Wow !
Nach einem Afternoon Tea und ein paar Saunagängen (he ja, das Spa stand schon bereit..) machten wir uns (porentief sauber) auf ins Dorf.








Am nächsten Morgen: Check-in für den Glacier Express über den roten Teppich, persönlicher Empfang durch unsere Concierge Adriana, welche sich als aufmerksame, humorvolle Gastgeberin bewährte auf der langen Fahrt.

Nach dem Verstauen des Gepäcks wurden wir mit Champagner begrüsst – und dann ging’s los.
Was für eine Reise ! Was für ein Abenteuer !

Der Glacier Express nennt sich auch ‘der langsamste Schnellzug der Welt’.
Diesen Titel hat er sich redlich verdient, benötigt er doch 8 Stunden für die 291 Kilometer zwischen St. Moritz und Zermatt. Er überwindet dabei Steigungen von bis zu 12.5%, überquert jede Menge Brücken (die imposanteste davon ist das 142m lange Landwasserviadukt bei Filisur in 65m Höhe) – und offenbart die herrlichsten Aussichten durch die grossen Panoramafenster.

Ich habe praktisch die ganzen acht Stunden Fahrt hingerissen in die Gegend gestaunt, mich bei den Kehrtunnels nach jeder Kurve von den ständig ändernden Ausblicken verwirren lassen, oder die imposanten Felsen und grünen Alpweiden bewundert. Aber auch die weiten Täler, pittoresken Dörfer, Schieferdächer und das eine oder andere Murmeltier.






Magischerweise wurde immer dann, wenn meine Augen vom Staunen gerade etwas müde wurden, der nächste Gang unseres gediegenen ‘Achtstunden-Menus’ fällig, jeder Gang mit passendem Wein serviert.
Wir arbeiteten uns im Stundentakt und mit Gusto durch köstliche Apérohäppchen, geräuchte Forellenfilets auf Randen, eine Erbsen-Minze-Suppe, ein perfekt rosa gebratenes Rindsfiletsteak mit Trüffelstampf, eine Käseplatte, Schokoladetorte und Friandises… Himmlisch !




Zermatt ist sehr sympathisch. Währenddem St. Moritz eher dem eleganten Jetset gehört und seine Gäste gerne im Rolls Royce vom Bahnhof zum Hotel um die Ecke gefahren werden, kurven im autofreien Zermatt lauter solche Legoklötzchen-Taxis durch die Strassen und unterscheiden sich lediglich durch die Aufschrift voneinander.

Viele Gäste hier sind sportlich mit dem Velo oder in Wanderkleidung unterwegs, die Strassen reichlich ausgestattet mit Aussenbars und Restaurants, und alles erscheint angenehm bodenständig. Hier passten auch tatsächlich meine Jeans ins Bild. Geht doch !
Und dann ! Das Matterhorn ! Endlich !


Zum Glück habe ich mindestens hundert Matterhorn Fotos gemacht. Damit auch andere den Berg einmal sehen können… 😊
Also gut: es scheint, dass es sich beim Matterhorn um einen der weltweit am häufigsten fotografierten Berge handelt. Was nicht weiter verwundert. Er hat wirklich etwas Magisches.

Es heisst, dass man vom gut 3000 Meter hohen Gornergrat aus glatte 29 Viertausender sehen kann. Ich habe sie nicht gezählt, aber die Rundumsicht von dort oben ist überwältigend ! Mächtige Bergspitzen, Schnee und Gletscher, soweit das Auge reicht.

Hier oben im Monte Rosa Massiv vereinigen sich Gornergletscher und Grenzgletscher, und die Bergspitzenansicht liest sich zuweilen wie ein ‘Who is Who’ der illustren Kuppen.





Das Restaurant ist benannt nach dem englischen Matterhorn-Bezwinger Edward Whymper, welcher es 1865 als Erster auf den Gipfel schaffte. Weil damals die ersten vier seiner Seilschaft beim Abstieg zu Tode stürzten, wollte Queen Victoria weiteres ‘Verschwenden edlen englischen Adelsblutes am Matterhorn’ durch ein dortiges Kletterverbot durchsetzen.
Wie nicht anders zu erwarten war, stachelte dies die ehrgeizigen Kletterer erst recht an, und die englischen Alpinisten kamen in Scharen nach Zermatt. Das war ganz eigentlich Marketing vom Feinsten – und erst noch durch die Queen edlen Geblüts herself… 😊

Als wir am nächsten Mittag aus Zermatt abreisten, war das Matterhorn in dichte Wolken gepackt, und vom Hotel aus konnten wir es gar nicht mehr ausmachen. Da wurde uns erst so richtig bewusst, was wir doch für ein Glück mit dem Wetter gehabt hatten.

Der Zug brachte uns in gerade einmal viereinhalb Stunden aus dem Märchenland der Alpen zurück ins Zürcher Unterland.

Mein allerherzlichster Dank geht an Andy, der mir dieses grandiose, luxuriöse Abenteuer ermöglicht hat. Es war einfach fantastisch ! Und ! Ich habe einen wichtigen Punkt auf meiner Bucket List erfolgreich erledigt, hurra !
Wobei: wäre es nicht wahnsinnig interessant, dieselbe Glacier Express Reise einmal bei Schnee im tiefen Winter zu machen ? Oder im Herbst mit den goldenen Lärchen ? 😊……..
