Sevilla und 150 Gramm Kolumbus

Ein ganz normaler Innenhof in einem ganz normalen Haus in Sevilla – die Mauren haben ein geniales Erbe hinterlassen mit ihrer islamischen Architektur

Mein privater Reiseleiter heute ist Daniel, der ‘Mann für alles’ auf der Finca Angela. Er weiss vieles über Sevilla, aber vor allem weiss er, wo der RENFE-Bahnhof ist und wie wir wieder nach Hause kommen mit dem Zug (hurra !)

Laut den lokalen Reisebüros ist Sevilla ein noch weitgehend unentdecktes Juwel Spaniens. Immerhin ist es aber schon die Hauptstadt der Region Andalusien – und nach Madrid, Barcelona und Valencia die viertgrösste Stadt Spaniens.  

Sevilla liegt am Fluss Guadalquivir, und ganz in der Nähe, im Dorf Palos de la Frontera, brach im Jahr 1492 Kolumbus im Auftrag der spanischen Krone mit seiner ‘Santa Maria’ auf, um einen neuen Handels-Seeweg nach Indien zu finden, weil die Türken inzwischen horrende Zölle auf alle durch ihr Land transportierten Güter verlangten. Er glaubte bekanntlich bis zu seinem Tod, diesen Seeweg auch gefunden zu haben (daher die ‘Indianer’, wie wir wissen..).

Was ich nicht wusste, ist, dass Kolumbus etwa 55 Jahre alt war, als er starb im zentralspanischen Valladolid und dort auch beerdigt wurde. Drei Jahre später wurde er wieder ausgegraben, um neu in Santo Domingo (Dominikanische Republik) bestattet zu werden gemäss dem Wunsch seines Sohnes. Als dort 1795 die Franzosen herrschten, wollten sie Kolumbus’ Knochen nicht in ihrer Kolonie haben. Also wurde er ausgegraben und nach Kuba verfrachtet, wo er nach 100 Jahren Havanna –ja genau- ausgegraben und zurück nach Spanien geholt wurde.

Nun ruht er endlich im Heldengrab in der grossen Kathedrale von Sevilla. (Foto oben rechts)  
Nun ja: 150g von ihm, wie eine DNA-Analyse des Sarginhalts ergab.
Die restlichen Gebeine von Kolumbus liegen wahrscheinlich noch an seinen Reise-Zwischenstationen herum.

Spontane Nachgedanken:
1. Kolumbus ist nach seinem Tod weiter herumgekommen als viele in ihrem ganzen Leben
2. Bei Hunden könnte ich diese ewige Knochen-Ausgraberei ja noch verstehen…
3. Wenn die Dominikanische Republik bei ‘ihrem Kolumbus’ eine DNA-Analyse machen würde und sie könnten mehr als 150g echten Kolumbus nachweisen, hätten sie dann den Streit darüber, wer denn nun Kolumbus hat, nach Gramm-Punkten gewonnen ?

Hotel Alfonso XIII. Ehe wir zur Plaza de España spazierten, haben wir uns im vornehmsten Hotel am Platz einen 5 Euro-Milchkaffee gegönnt. He ja: Noblesse oblige (des Hotels Noblesse, nicht unsere.. 😊)

La Plaza de España

Die Prunkplatz ‘Plaza de España’ wurde speziell erbaut für die Ibero-Amerikanische Weltausstellung von 1929. Was für eine Anlage ! 50’000 m2 Schau ! Alles ist gross, üppig verziert und schön.
Der halbkreisförmige Platz hat einen Kreisdurchmesser von 170 Metern. Den 500 Meter langen Kanal um den Platz herum kann man mit Ruderbooten befahren.

Ich dachte, Portugal sei der Fliesenmeister, aber hier in Andalusien können sie es auch – und wie ! Überall trifft man auf Fliesen-Kunstwerke.

Jede der 49 Regionen Spaniens hat ihre eigene Fliesenkarte auf dem Platz (links jene der Region Sevilla), und jede Stadt -wie hier Avila- eine kunstvolle Sitzbank.

Rechts unten entlang der Wand sind die den Städten gewidmeten Bänke und davor die 49 Karten der Regionen finden.

Unter (jonischen ?) Marmorsäulen und Fliesendecke bekamen wir feurige Musik und Flamenco serviert

Auf dem Bild rechts sieht man es gut: sogar das Brückengeländer und die Stufeneinlagen sind aus Keramik !
Die Kathedrale von Sevilla ist die grösste gotische Kirche Spaniens und gleichzeitig eine der grössten Kirchen der Welt. Sie wurde im 15. Jahrhundert auf den Überresten einer Moschee aus dem 12. Jahrhundert erbaut (So ! Das war jetzt die Kurzform einer laaangen Touristeninfo…)

Ganz wichtig: Tapas-Pause !

Die Bar Catedral ist gleich hinter der Kathedrale zu finden – so ein Zufall aber auch ! In der gemütlichen Gasse gönnten wir uns eine Serie Tapas und ein Glas Verdejo bzw Daniel ein Glas Cruzcampo Bier.
War DAS gut !  

v.l.n.r. Kabeljaukroketten, Crevettenspiesse mit Tartarsauce, frittierte Tintenfischstreifen, grillierter Thon (Sushiqualität) an Avocadosauce und Gemüse

Alle anderen Dinge, also weitere Tapas und Verdejo, habe ich einfach so (ohne Foto) gegessen  und getrunken. Ein Gedicht ! Und siehe da: danach ging’s wieder..   Also los !

Real Alcázar de Sevilla – der königliche Palast

Ein Meisterwerk ! Die Festung Real Alcázar wurde 913 vom ersten Kalifen in Andalusien erbaut und später zwar teilweise abgerissen, in den kommenden Jahrhunderten aber vor allem erweitert und ausgebaut. Islamische Ornamente und Muster wurden durch romanische, gotische und barocke Elemente ergänzt; später kamen auch Renaissance-Einflüsse dazu.   

Die spanische Königsfamilie benutzt für Besuche in Sevilla bis heute die Gemächer im oberen Stockwerk als offizielle Residenz

Ach übrigens:«Die Wassergärten von Dorne« in den Filmen«Game of Thrones« wurden hier gedreht !

Die Bäder der Doña María de Padilla sind gar keine Bäder, sondern unterirdische Zisternen zum Sammeln von Regenwasser. Diese Bezeichnung wurde im 14. Jahrhundert hinter vorgehaltener Hand verwendet, wahrscheinlich um einander wissen zu lassen, dass die Affäre des regierenden Königs Pedro I. mit Doña Maria wohl bekannt war.

Fliesen. Überall Fliesen. Knallbunt oder schon etwas gebleicht von Andalusiens Sonne. Sie bedecken Wände und Zimmerdecken, Treppen und Türbogen. Wunderschön !   

Wenn hier bequeme Stühle am Tisch stünden, wäre das die perfekte Nische fürs Frühstück, einen Nachmittagstee oder Apéro. Was für eine schöne Wandfarbe zum Einfangen der ersten oder letzten Sonnenstrahlen des Tages.

Solch kunstvolle Strassenbeläge sieht man in den Innenhöfen der Alcázar – und in den Gassen der Innenstadt von Sevilla. Sie sind nicht wirklich geeignet für hohe Absätze, aber wunderschön sind sie auf jeden Fall.

El Metropol Parasol – oder ‘Die Pilze’

Die grösste Holzstruktur der Welt auf der Plaza de la Encarnación verbindet sechs pilzförmige Einzelteile miteinander und misst 70 x 150 Meter bei 26 Metern Höhe.  

Dass die Konstruktion inzwischen nur noch ‘Las Setas’ (die Pilze) genannt wird, leuchtet irgendwie ein…

Für ein paar Euros kann man mit dem Lift hochfahren und sich Sevilla von oben anschauen. Da kein Gebäude höher sein darf als die Kathedrale (na gut, ein paar Ausnahmen gibt es inzwischen), sieht man wirklich schön über die Dächer hinaus.  

Und dann spazierten wir gemütlich zurück zum Bahnhof – und mehr als ‚gemütlich‘ wäre mir auch nicht mehr möglich gewesen; mir fielen auch so schon beinahe die Beine ab. Aber hey, morgen gibt’s einen Ruhetag ! In Utrera holte uns Angela am Bahnhof ab und schon waren wir daheim.

Toller Ausflug in eine herrliche Stadt ! Und wir haben es geschafft ! Daniel wusste tatsächlich, wie wir wieder nach Hause kommen ! Und bald gibt es Nachtessen ! 😊 Deshalb sitzen die Katzen auch bereits auf dem warmen Boiler und behalten die Übersicht.

Mein heutiges PS gilt dem «Toro de Osborne»

Von diesen 14 Meter hohen Stier-Silhouetten stehen über 90 Exemplare an Spaniens Strassen, die meisten davon in der Region Andalusien. Der Sherry-Hersteller Osborne warb damit ab 1957 für seinen Brandy de Jerez, welcher zur Sherry-Herstellung verwendet wird.
Als 1994 sämtliche Werbung an öffentlichen Strassen verboten wurde und die Stiere entfernt werden sollten, ging ein Aufschrei durch die Bevölkerung, war doch der Stier inzwischen zum nationalen Symbol geworden und auch im Ausland wohlbekannt.

Osborne musste zwar seinen Namen entfernen, aber der Stier wird immer noch ‘El Toro de Osborne’ genannt und ist auf zahlreichen Souvenirs zu finden.  

So, jetzt wisst ihr alles. Bleibt gesund und seid herzlich gegrüsst 😊

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