Autarkie-Probe – und jetzt wird geheizt

Samstag, 26.11.2021 Erst als ich in Spanien ankam, fiel mir wieder ein, dass man dafür ein Formular ausfüllen muss. Da ich den Grenzübertritt nicht einmal bemerkt hatte, kam ich sauber darum herum.

Der Campingplatz L’Albera in Capmany auf einem Hügel bald nach Frankreichs Grenze war bereits gut belegt, als ich eintraf. Bestimmt 90% der Gäste dort sind Holländer auf der Durchreise. Das liegt möglicherweise daran, dass der ältere Antonio, der mich mit einem launigen ‘Hola’ begrüsst hatte, selber ein Holländer ist.
Rechnen tun wir ja alle in der Muttersprache (oder in der Schulsprache ?), und als er mir mein Rückgeld herauszählte, kam es aus. Er ist aber immerhin mit einer Spanierin verheiratet und spricht wirklich sehr gut spanisch.

Eine schöne Landschaft ist das hier

Antonio informierte mich auch gleich, dass die Sicherungen 4 Ampères schaffen und ich mich hüten solle, eine Kaffeemaschine, einen Fön oder eine Heizung anzuschliessen, weil ich damit meine Nachbarn gleich mit ins Dunkel reissen würde.

Rechts hinter dem Beifahrersitz der Wechselrichter, daneben die Kaffeemaschine und die Heizung. Ich habe vorsichtshalber immer nur eine Sache aufs Mal betrieben.

Das war natürlich die Gelegenheit, meinen neuen Wechselrichter auszuprobieren, welcher den Solarstrom vom Dach nutzbar macht. Ich weiss allerdings nicht, wieviel er aufs Mal verträgt (Hinweise willkommen) – und vor allem nicht, was passiert, wenn ich ihn überlaste… Aber dann wollen wir mal. Alles funktionierte tadellos: zuerst die Nespresso-Maschine (ich habe vorsichtshalber gleich zwei Tassen Kaffee getrunken – wer weiss, wie lange das Glück anhält), danach die Elektroheizung Ecomat 2000 auf der niedrigsten Wattstufe, und auch elektrisch kochen klappte – mangels Verlängerungskabel köchelte ich auf dem Boden. Da ist es ja, das ultimative Camping-Feeling.. 😊

Capmany Dorf: hübsch, aber etwas gar menschenleer…

Am nächsten Tag war der eben noch so vollgeparkte Campingplatz bereits vor 10 Uhr morgens wie leergefegt – alle weg. Warum reisen die Leute morgens um 7 Uhr ab, wenn sie den ganzen Tag lang Zeit dafür hätten ?

Die 400 km Reise südwärts nach Alcossebre waren nicht wirklich entspannend. Bei heftigem Regen begann erneut in jeder Kurve der Alarm zu piepsen, der vor einer nicht verschlossenen Hintertüre warnt (der durchgedrehte Sensor in der Schiebetüre nervt gewaltig), dann regnete es wie aus Kübeln bis vor Barcelona.

Und schliesslich erschien auf der Überholspur auch noch mein erster ‘Sie-haben-da-hinten-ein-Problem–Typ’ im schicken weissen SUV.
Das sind Diebe, die einen durch signalisierte Fehlfunktionen am Auto dazu bringen, rechts ranzufahren, und während der Warner einem nun das Problem suchen hilft hinter und unter dem Wagen, räumt dessen wartender Komplize das Auto aus. Zum Glück hatte ich schon öfter von diesem Trick gehört und habe deshalb nur dankend zurück gewinkt.

Allerdings flatterte mir das Herz dennoch ein wenig. Was, wenn der Alarm von der Hecktüre kam und nicht von der Schiebetüre ? Was, wenn ich tatsächlich ein Problem habe ? Und was, wenn er nicht aufgibt ? Lasse ich mich an den Rand drängen oder schiebe ich ihn notfalls aus dem Weg ? Ich beschloss zwar, genau das zu tun, aber zum Glück zog er davon, bevor ich beweisen musste, dass ich das auch durchziehen würde.

Die letzten 4 Kilometer zum Campingplatz Ribamar in Alcossebre fanden auf einer holprigen Dreck- und Felsbrocken-Strasse statt, aber der Platz selber ist wirklich schön gelegen. Besser als das. Der Gärtner leistet hier ganze Arbeit: jede dekorative Pflanze ist zum Beispiel mit einer Tafel beschriftet.
Die Duschen werden alle paar Stunden geputzt und das Restaurant ist offen ! Und liefert am Morgen auf Vorbestellung backwarmes Brot.   

Ah: die Kanarenpalme ! Vielleicht ist das ein Zeichen, dass ich es halt doch mit den Inseln versuchen sollte..
Der etwas abenteuerliche Pfad zum Meer
Wenn man sich erst einmal durch das Dickicht gekämpft hat, ist es schön am Wasser  

Was für eine Nacht !
Ich weiss nicht, wann es angefangen hat, aber erwacht bin ich, weil sintflutartiger Regen aufs Dach trommelte, Blitze das Auto erhellten, Donner krachte und im oberen Stockwerk jemand ständig Zeug fallen liess. Dann war ich ganz plötzlich ganz furchtbar wach, weil mir aufging, dass ja gar niemand über mir wohnt ! Und dass ich die Markise gestern ein Stück ausgefahren hatte, um den Eingang vor dem abendlichen Regen zu schützen ! Und diese flatterte nun im Wind und drohte die Befestigung aus dem Auto zu reissen. Schon zum zweiten Mal, seitdem ich unterwegs bin – wie peinlich !

Mei, da ging aber rassig was: Markisendreher unter der Matratze hervorkramen, dabei in der Hast die dreiteilige Matratze auf- und durcheinander schütteln; raus in den Sturm im Pyjama und das flatternde Segel hochziehen, dabei eine lose Beinstütze an der Autoseitenwand einklemmen, weil ich diese nur einklappen kann, wenn ich die Markise ganz ausfahre (keine gute Idee bei diesem Sturmwind).. Erledigt. Patschnass zurück ins Auto, trockenes Pyjama fassen, Matratze sortieren, zurück unter die Decke – und nun war es drei Uhr früh und ich hellwach.

Der Sturm dauerte bis beinahe 6 Uhr Und als ich die Türe aufschob vor dem nächsten Schlafversuch, stand einer meiner Schuhe auf der Ausfahrstufe und war bis zum Rand mit Wasser gefüllt, was immerhin für dessen Dichtigkeit spricht. Den hatte ich wohl beim hastigen Aussteigen hinunter geschubst..  

Nach drei Tagen in Alcossebre ging es weiter – mit der Option, dorthin zurückzukehren, falls es anderswo doch nicht so doll sein sollte. Laut meinen holländischen Nachbarn wäre ich nicht die Erste, die nach einem Blick in die grosse, weite Welt reumütig zurückkommt 😊
Valencia, Santiago Calatravas Ciutat de les Arts i les Ciències
(valencianisch für Stadt der Künste und der Wissenschaften)

In Valencia habe ich am 25.11.2021 erfolgreich den Verkehr in der Stadt behindert, als ich in einem 5-spurigen Kreisel von der Mitte aus rechts abbog.. Sorryyyyy !
Dann kam ich an Valencias Wahrzeichen, den imposanten Kunst- und Wissenschaftsbauten, vorbei und habe in Nostalgie geschwelgt. Es war schön hier, damals vor vier Jahren; nun gilt es aber neue Erfahrungen zu machen.

Ich bin deshalb nicht auf den Campingplatz von vor vier Jahren gefahren, sondern wohne jetzt im Devesa Garden Resort im Naturreservat Albufera mit der hübschen Frischwasserlagune. Das tönt feudaler als es ist; immerhin sind wir alles Camper hier – oder wohnen in kleinen Holzhäuschen entlang der Lagune.

Gestern Freitag Abend haben sich die permanent installierten Wohnwagen und Vorzelte ziemlich rasch gefüllt mit Valencianern, die jeweils mit Kind und Kegel von der Stadt auf Land ziehen fürs Wochenende. Da war aber etwas los ! Gokarts und Velos und Minigolf und Fussbälle und lachende Kinder noch und noch. Mir hat das Treiben richtig gut gefallen als Abwechslung von der Alters- und Winterruhe auf dem Platz.

Heute windet es stark, und es ist kalt (war es vor vier Jahren auch so kalt ?). Ich hatte jedenfalls urplötzlich keine Lust mehr, gleich weiterzufahren. Na gut, bleiben wir noch eine Nacht.
Es ist eindeutig ein Vorteil, wenn man es nicht eilig hat. 😊

Ich sollte aber dennoch eine leise Ahnung dafür entwickeln, wohin ich gerne fahren möchte. Bis es soweit ist, drifte ich vor mich hin in 200-Kilometer-Etappen – und hoffe, dass es ein bisschen wärmer wird schon vor dem nächsten Frühling..

Einen schönen Sonntag – und ersten Advent – allerseits !

PS Ich nehme mir täglich Zeit für ein paar Minuten Spanisch-Unterricht (bloss nichts übertreiben !)
Und ! Ich kenne bereits die wichtigsten Farben, nämlich weiss, rosé und rot – und dank dieses grünen Camions nun auch noch grün ! Das kommt gut ! 😊

2 Gedanken zu “Autarkie-Probe – und jetzt wird geheizt

  1. Avatar von Lombardi‘s Lombardi‘s

    Hallo Rose, wir freuen uns wieder von dir lesen zu können und vor allem, dass du deine Erlebnisse mit uns teilst. Wir wünschen dir eine ganz tolle Reise und hoffen, dass du viele schöne Momente erleben kannst🤗. Liebi Grüessli und en hoffentliche, bizli wärmere 1. Advent als mir en händ😉 d‘family Lombardi

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