Eigentlich wollte ich ja eine Schreibpause einlegen. Aber ich habe einfach zu viel Zeit bei diesem Wetter… Die Pause ist deshalb auf den lauen Frühling verschoben…
Seit meiner Ankunft in Schweden begleiten mich Sonne, Wolken und Wind, und von allem reichlich. Die Sonne bringt die blühenden Rapsfelder zum Leuchten, die Wolken öfter mal Regen, meistens kurzen, heftigen. Und der Wind bläst eisig kalt, brrr ! Abends gehe ich bei 4°C schlafen, und morgens erwache ich bei 6°C. Immerhin..
Unterwegs in den Süden nach Malmö
‘Das Schwedische Reich’
Ein kleiner Auszug aus Schwedens Geschichtsbuch – zur Erinnerung…
Auch Schweden war nicht immer so friedlich und neutral wie heute (Wikinger-Blut halt). Im Jahr 1523 trat Schweden-Finnland aus dem Bund mit Norwegen und Dänemark aus, dem es 126 Jahr lang angehört hatte – und verfolgte fortan das Ziel der Vorherrschaft im Ostseeraum. Dafür bekriegte es sich erfolgreich mit Dänemark, Norwegen, Polen-Litauen und dem Zarentum Russland. Auch Finnland und Provinzen im Baltikum und in Deutschland (von Rügen bis hinunter nach Sachsen) fielen an die nun führende Grossmacht im nördlichen Europa des 17. Jahrhundert.
Aber auch hier war der Wahn grösser als die Wirtschaftskraft, die nötig gewesen wäre, um die Eroberungen auch halten zu können, und 1721, am Ende des Grossen Nordischen Krieges, war es vorbei mit Schwedens Grossmachtstellung.
Aber erst der Verlust Finnlands 1809 an das russische Zarenreich, und erst das Ende der Napoleonischen Kriege, in deren Folge Dänemark das Königreich Norwegen an Schweden abtrat, beendeten die schwedischen Kriegsverwicklungen.
Das Land war zwar noch versucht, Norwegens Unabhängigkeitserklärung 1905 militärisch zu verhindern, besann sich dann jedoch eines Besseren, trat stattdessen 1946 der UNO bei – und gründete den Wohlfahrtsstaat, der weit herum bewundert wird.

Kurzer Abstecher zum Strand auf der Durchreise. Was man nicht sieht: obwohl das Meer tintenblau lockt, bläst einem ein steifer, eisiger Wind entgegen

..dabei sieht die Gegend so freundlich und frühlingshaft aus..
Malmö die Moderne
Ich schwang mich dick verpackt aufs Fahrrad und fror mir die nächsten paar Stunden dennoch beinahe die Finger, Ohren und andere assortierte Körperteile ab, wenn ich nicht gerade Kaffee trank, um aufzutauen.
Dass die Fahrt dennoch Spass gemacht hat, lag einerseits an schönen Eindrücken in der Stadt nebst super ausgebauten Velowegen – und andrerseits an der wohligen Wärme, die mich beim Heimkommen erwarten würde 😊

Vor dem Campingplatz haben wir einen Logenplatz für den Blick auf die Öresundbrücke
Die Öresundbrücke ist 1092 Meter lang und verbindet seit dem Jahr 2000 Schweden mit Dänemark. Links fährt man los in Malmö und kommt rechts an in Kopenhagen.
Die Brücke selber ist allerdings nur ein Teil der 7845 Meter langen Konstruktion, welche auf der dänischen Seite durch eine künstliche Halbinsel und einen Tunnel ergänzt wird. Für das Befahren dieser teuren Länderverbindung wird deshalb eine Maut erhoben
Apropos: ‘Maut’ stammt vom althochdeutschen Wort mūta ab bzw vom gotischen māta – und bedeutet nichts anderes als Wegzoll.

Obwohl Malmö einen mittelalterlichen Kern hat, wirkt die Stadt insgesamt sehr modern.

Der Turning Torso ist mit 190 Metern der höchste Wolkenkratzer Schwedens und – zusammen mit der Öresundbrücke – das zweite Wahrzeichen von Malmö.
Jedes der 54 Geschosse des Gebäudes ist leicht versetzt um eine senkrechte Achse gedreht, so dass sich das ganze Gebäude um 90 Grad dem Himmel entgegen windet.
Das Haus steht seit 2005 in einem modernen Wohnquartier im westlichen Hafengebiet und überragt die Nachbarhäuser oft um ein Mehrfaches.
Der Plan zu dem faszinierenden Bauwerk stammt, wen wundert’s, vom spanischen Architekten Santiago Calatrava. Da ist er ja wieder – nach Stadelhofen und Valencia 😊
Der Kungsparken – Stadtpark mitten in Malmö
Das ist kein Schnee (obwohl es kalt genug wäre dafür…). Die Gänse fressen den Gänseblümchen-Teppich…. 😊

Mitten im Park trifft man überraschend auf die Schlossmühle (Slottsmöllan) im holländischen Stil aus dem Jahr 1850

Die Festung ‚Malmöhus’ im Kungsparken. wurde zum Museum
Ystad (sprich Üsta)
Die Hafenstadt Ystad liegt in Südschweden in der Region Schonen. Wirklich bekannt wurde sie allerdings erst durch Henning Mankells Krimis.
In diesen ermittelt der fiktive, melancholische Kommissar Kurt Wallender brutale Morde in der Stadt. Die Wallander – Buchserie endet mit Band zwölf, in dessen Verlauf Wallander „an Alzheimer erkrankt wie einst sein Vater“, womit Mankell die Krimi-Serie sauber und unwiderruflich abschloss.


Man kann sich zwar kaum vorstellen, dass in diesem beschaulichen Städtchen so viele Morde stattfinden könnten, aber dem Tourismus hat es nicht geschadet: Fans besuchen gerne die Mariagatan, wo Wallander ‘gewohnt’ hat – und diverse Tatorte.

Das ist die Sankta Maria Kyrka, deren älteste Bauteile aus dem 13. Jahrhundert stammen.
60% der schwedischen Bevölkerung gehören übrigens der evangelisch-lutherischen Kirche an, von der auch diese ‘Kyrka’ ein Beispiel ist.

Das Stadtbild Ystads ist gut erhalten. Das verdankt es nicht zuletzt der Tatsache, dass die Stadt schon sehr früh eine freiwillige Feuerwehr hatte. Damals blies ein Wächter auf dem Kirchturm von Sankta Maria alle Viertelstunde in ein Horn; das war dann auch gleich der Beweis, dass er wach war und vorschriftsmässig wachte.
Diese Tradition wurde beibehalten, und so kann man noch heute zwischen 21.15h und 01.00h das nebelhornartige Tuten hören, welches zur Viertelstunde verkündet, dass alles in Ordnung ist in der Stadt.
Dieses Rot kommt häufig vor auf Schwedens Hausfassaden. Die Farbe passt gut zum vielen Blau, Weiss und Grün – und nicht zuletzt auch zur Temperatur, bei der man sich freut über etwas Wärme..

«Camping; wo man ein kleines Vermögen ausgibt, um wie eine obdachlose Person zu leben»
Im originellen Laden mit ‚Old Stuff‘ sah ich dieses Schild. Ich habe es nicht gekauft, denn sogar wenn das wahr sein sollte, muss man es ja nicht täglich zugeben, oder? Ich bin allerdings auch weniger gemeint als zum Beispiel Morelo-Palace-Bewohner..

Schwedisch bleibt zäh
Ich hatte eigentlich befunden, dass diese Sprache gar nicht so schwierig zu erlernen ist: en man ist ‘ein Mann’, und mannen heisst ‘Der Mann’ – ganz einfach. Ausserdem ist die Konjugation sehr simpel: bei ich bin, du bist, er ist usw. bleibt das Verb immer är, also sozusagen ich är, du är, sie är. Praktisch, nicht ?
Nun stellt sich aber heraus, dass dafür die AUSSPRACHE ganz viele Regeln hat; je nach Buchstabenkombination ist sie anders.
Man sagt zwar Gatan (Strasse) wie man es schreibt, aber Göteborg spricht man als ‘Jötebore’ aus.. Und Worte werden seltsam betont: etwa der Apfel, schwedisch ‘äpple’, auf dem e, also äpplee !

Ja, und dann sagte der muntere Sprecher von Duolingo doch tatsächlich: «Hej, Sonja. Vill du fika?». Mit sowas hatte ich nun nicht gerechnet. Ich erhielt aber sogleich die Übersetzung: «Hallo, Sonja. Möchtest du eine Kaffeepause machen ?». Ja, klar. Okay.
Ich kann nun also einen Satz, den ich niemals sagen (und niemals vergessen) werde, aber den Satz «Haben Sie einen Platz für mich für heute Nacht?», den kenne ich noch immer nicht, obwohl ich ihn sagen würde !…

Die Ostsee. Kalt, aber schön ! (oder umgekehrt). Die Strände sind gross, sauber und sehr einladend.

Bunte Strandhäuschen. Es gibt unzählige davon an Ystads Strand

