Werbung und Wirklichkeit (die andere Seite)

Wir kennen wohl alle die Geschichten der Ferienbroschüren, die ein einsames Hotel am einsamen Strand zeigen mit zarten Wellen auf goldenem Sand – und wenn man dann dort ist, liegt zwischen dem Hotel und dem Strand eine vierspurige Strasse, das Hotel ist einer von ganz vielen hässlichen Klötzen dicht beieinander und die zarten Wellen sind eher ein Gischtsturm über spitzen Steinformationen. Den einsamen Strand aus der Broschüre gibt es wohl – er liegt nur einfach zehn Kilometer entfernt am Ende eines praktisch unzugänglichen Gebiets.

Wenn ich euch also Fotos beilege zu meinen Blogs, sind diese per Handy gemacht und fototechnisch nie über alle Zweifel erhaben – aber dennoch meistens eher dekorativer Natur. Ich mache das nicht (nur 🙂 , um euch neidisch zu machen, sondern weil es einfach netter ist, schöne Dinge anzuschauen als unattraktive. Und ! Ich betrachte es auf keinen Fall als meine Aufgabe, Spaniens unschöne Seiten zu protokollieren; ich möchte unterwegs vielmehr die Schönheiten eines Landes entdecken.

Ich räume aber ein für alle Mal ein, dass überall auch ‘die andere Seite’ existiert, und dazu gibt es heute ein paar Beispiele: Dieser Campingplatz liegt wenige hundert Meter entfernt von vielen Läden und Restaurants (sehr praktisch, sehr geschätzt von allen), und deshalb liegt er auch – irgendwie logisch – direkt an einer gut befahrenen Strasse in die Stadt hinein; er ist also per se keine Idylle. Die Idylle beginnt jedoch gleich über der Strasse im Naturpark Salinas oder aber etwas weiter entfernt am Hafen und Strand.

Das hier ist der geschützte Naturpark, der so aussieht, als erstrecke er sich dicht und wild bis an den Horizont, nicht wahr ?

Salinaspark 1a pr
Salinaspark 1b pr.jpg.png

Dem ist nicht ganz so. Wenn ich mich nämlich umdrehe, zeigt das Bild zwar Wasservögel, die hier entweder überwintern oder einen Zwischenstopp einlegen auf dem Weg nach Afrika (hier sind es Flamingos), aber gleich jenseits der Strasse beginnt ein Aussenquartier der Stadt (und unser Campingplatz), und beide sind weitaus weniger dekorativ. Für die Bilder oben bin ich nach dem Überqueren der Strasse knappe zehn Minuten ins Grünzeug hinein spaziert…

Salinaspark 1 real.jpg

Oder (Werbung): Mein Ausblick jeden Morgen – da muss es einem einfach warm ums Herz werden, stimmts ?

Palmen 2 pr

Also gut, effektiv sieht das so aus: der Tank unter den Palmen enthält Gas, und rechts im Bild seht ihr das Dusch- und WC-Haus für die unteren fünf Reihen Campers auf dem Platz. Ach so ja: nicht im Bild (aber sehr vorhanden !) ist die Entleerungsstation für die chemischen WCs ganz rechts am Gebäude, wo die Leute manchmal über das Mäuerchen hinweg miteinander plaudern (wahrscheinlich kommt es dabei etwas auf die Mischung des zu entleerenden Materials an und wieviel von dem blauen Zeugs vorgängig in die Kassette hineingeschüttet wurde…).

Palmen 2 real.JPG

Das ‚Werbefoto‘ oben würde ich zwar so nie publizieren (alles hat seine Grenzen), aber ich könnte, und das ist der springende Punkt, werbetechnisch gesehen.

Gestern bin ich mit dem Velo auf die Hügel über dem Strand gefahren (und musste danach den letzten Kilometer zu Fuss nach Hause gehen wegen einem platten Reifen – aber das nur am Rande….).
Hach, ist das nicht wunderschön ? Und sooo einsam romantisch ?!

Strand 1 pr.jpg

Wenn ich vom gleichen Standpunkt aus (!) ein Bild mache nach einer ungefähr 160°-Linksdrehung, sieht dieses so aus- Hinten links beginnt Alicante, und Städte sind nie schön anzusehen am Stadtrand – erst im historischen Kern entfalten sie ihren Reiz. Das wiederum gilt für so ziemlich jede Stadt auf der Welt, richtig ? Eben.
Alicante Strand 3 real.JPG

So, damit das wieder einmal gesagt sei. Jetzt ist euch bestimmt wieder klar geworden, dass ihr den Unterschied zwischen Werbung und Wirklichkeit schon immer gekannt habt, richtig? Gut, denn wenn ihr mich besuchen kommt, habt ihr beides… 🙂

Und ich werde in Zukunft ‘die andere Seite der Medaille’ nur noch in Extremfällen erwähnen.

Ich glaube, der Trick beim Hinschauen ist es, sich vorbehaltlos an den schönen Dingen zu freuen und die anderen nicht zu beachten, denn ändern kann man sie ja nicht. Genau so werde ich es halten.   

PS Wir hatten heute 27 Grad hier – das ist eher ungewöhnlich für Januar und wurde deshalb in der Tageszeitung erwähnt..

5 Gedanken zu “Werbung und Wirklichkeit (die andere Seite)

  1. Avatar von Philippe Philippe

    Caramba, Dein Reisefieber ist ansteckender als der bei uns grassierende Grippevirus! Bei uns heissts schaffe wie es Ross und früüre wie en Hund… Wir mögens Dir von Herzen gönnen, ich hoffe Du erwärmst unsere Herzen noch mehr mit solchen tollen Reiseberichten! Liebe Grüsse und bis bald!

    Gefällt 1 Person

    1. Hihi…. Du hast eine wunderbar bildhafte Sprache. Ich hoffe, das ‚früüre wie en Hund‘ hat sich ein bisschen gelegt, sonst muss ich doch glatt in Mitgefühl ausbrechen. Übertue dich nicht beim Arbeiten, ‚Rössli-mässigs Schaffe‘ müsste es eigentlich auch tun.. 🙂

      Like

  2. Avatar von Andreas Nüesch Andreas Nüesch

    Du musst ja schon wie eine echte Spanierin aussehen bei dem schönen Wetter und den warmen Temperaturen .Muss schon sagen, so ein Pensionistendasein hat wirklich seine Reitze.
    weiterhin viel Glück und Genuss

    Nüeschlis

    Gefällt 1 Person

    1. Oh ja – du wirst schon sehen, wenn du erst so weit bist: man gewöhnt sich problemlos ans Pensioniertsein.. 🙂
      Und was den Teint betrifft: Nö – ich bleibe eine Schattenpflanze, da kann ich Tapas essen, soviel ich will..

      Like

Hinterlasse einen Kommentar