Lissabon und der echte, wahre Fado !

Jeannine ist am Donnerstag angekommen in Lissabon, und ich freue mich sehr über ihre Gesellschaft während den nächsten vierzehn Tagen. Sie hat ihr Schlafzelt aufgeschlagen neben meinem Auto – und heute Morgen bereits einen schönen Hintergrund dafür geboten bekommen vom inzwischen abgereisten Camper-Nachbar.

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Auf nach Lissabon. Auf der Praça Figueira fand gestern gerade ein grosser Delikatessenmarkt statt, als uns der Bus dort absetzte, und es duftete überall appetitanregend nach frisch Gebackenem und nach geräuchtem, gebratenem Fleisch. Wir stürzten uns mit Begeisterung in das Gedränge und besorgten uns einen Teller heisse Wursträdli, Speck und Brot und Sangría.

 

Die nächsten paar Stunden verbrachten wir damit, die Aussichten auf und in Lissabon zu bewundern, in einem holprigen Tram durchgerüttelt zu werden, beim Aussichtspunkt Miradouro de Graça über die Stadt zu blicken und den Musikanten vor der grossen Kirche Santa Luzia zuzuhören.

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Lissabon

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Elevador de Santa Justa

Als es dunkelte, suchten wir uns ein typisches kleines Restaurant, wo wir uns im Kreise von lauter Portugiesen ein echtes einfaches Essen genehmigen würden. Wir fanden prompt einen dieser leicht versteckten Restaurant-Eingänge und wurden zu unserem Platz geführt, allerdings nicht vom Grossvater der Wirtin, sondern von einem Maître de im schwarzen Anzug, der sich seiner Wichtigkeit sehr bewusst war. Da sassen wir nun mit unseren Rucksäcken in einem sehr gediegenen Lokal und wurden zehn Minuten lang mit der Menükarte allein gelassen. Ausser dem Personal war weit und breit kein Portugiese zu sehen; um uns herum wurde alles ausser portugiesisch gesprochen, und die Gäste assen kleine, kunstvoll arrangierte Türmchen an schick gedeckten Tischen statt eine Federkohlsuppe ‘Caldo Verde’.

Wir beschlossen unvermittelt, unser Glück anderswo zu versuchen und winkten uns ein Taxi herbei, dem wir den Auftrag gaben, uns weg von diesr Touristenfalle in ein echtes Fado-Lokal mit gutem Essen zu führen. «Wissen Sie», sagte der Taxifahrer mitleidig, «Fadolokale sind immer touristisch». Ach ?! Und dann die Erleuchtung. Ja klar, wie dumm !

Den wahren Fado erleben zu wollen ist, als ob Touristen in der Schweiz erwarten, dass Stadtzürcher auf dem Weg zu ihrem Banken-Job immer mal wieder spontan in einen Jodel ausbrechen (nun ja, vielleicht tun das einige ja tatsächlich ?😊)

Wir landeten folgerichtig in einem Restaurant, in welchem dreissig Japaner und ein italienisches Paar bei schwachem Kerzenlicht im Dunkeln sasssen und einer Fado-Sängerin zuhörten, die stimmgewaltig ihre traurigen Erfahrungen mit der Liebe besang.

Gleich danach tanzten und stampften vier junge Leute in Trachten gekonnt eine Art Polka auf der winzigen Bühne, und schliesslich ergab sich auch ein junger Mann der gesungenen Schwermut.

Das Licht ging an, wir bestellten je eine Seezunge mit Beilagen, und alle anderen Gäste erhoben sich und verliessen das Lokal. Da sassen wir nun – zu zweit allein im grossen Raum – und die Show hatte gerade mal zehn Minuten gedauert.

Ich sagte halb scherzhaft zum Wirt, dass seine Preise etwas üppig seien für zehn Minuten Freude, und da meinte er: »Nein, nein, die Show geht weiter !»
Und bei Gott, das tat sie: alle 10 Minuten ging das Licht aus, und Jeannine und ich wurden mit einem weiteren Showblock beglückt, besungen und betanzt, dass es eine Freude war.
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Der Fisch vom Grill war sehr gut, der Wein ebenfalls, und als wir gegen Mitternacht vor dem Haus auf unser Taxi warteten, machte ich dem Wirt ein Kompliment für den schönen Abend und meinte: «Ihnen ist schon klar, dass wir noch nie in Portugal so unglaublich teuer (€90.- für beide) gegessen haben», worauf er erwiderte: «Ich weiss. Und ich bin glücklich, dass Sie es bei uns getan haben»